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Politik: Bush geht das Geld aus

Oppositionelle Demokraten möchten über Irakmittel verhandeln, der Präsident nicht

Der Konflikt zwischen Präsident George W. Bush und der demokratischen Kongressmehrheit um die Finanzierung des Irakkriegs und feste Abzugstermine wird immer mehr zu einem Kampf um die öffentliche Meinung, welche Seite angemessener vorgeht. Bush hat die führenden Demokraten in Abgeordnetenhaus und Senat für kommende Woche in das Weiße Haus eingeladen, um den Streit beizulegen. Die Demokraten schlugen die Einladung aus, nachdem Bush hinzugefügt hatte, das Gespräch sei „keine Verhandlung“. Er bestehe darauf, dass der Kongress 100 Milliarden Dollar Nachtragshaushalt für 2007 ohne die Auflage von Rückzugsdaten genehmige. Sonst werde er sein Veto einlegen. Die Demokraten argumentieren, ein Gespräch, dessen Ausgang feststehe, brauche man nicht zu führen. Nach der Verfassung hat der Präsident weitgehende Freiheit in der Außenpolitik und bei Militäreinsätzen. Er steht aber unter Zeitdruck, weil das bewilligte Geld für den Irak langsam ausgeht.

Parallel zeigte eine Konferenz in Washington mit Abgesandten der Volks- und Religionsgruppen aus dem Irak, wie sehr die ethnischen Konflikte zwischen ihnen die Lage prägen. Der German Marshall Fund hatte das Treffen in Absprache mit der US-Regierung organisiert, um Sunniten, Schiiten, Kurden und Turkvertreter in einen Dialog zu bringen und zugleich zu sondieren, welche Hilfe Nachbarstaaten wie die Türkei bei der Befriedung leisten können. Als besonderes Problem wurde die Zukunft der Stadt Kirkuk und ihrer ölreichen Umgebung diskutiert; noch in diesem Jahr ist eine Volksabstimmung geplant, ob sie dem Kurdengebiet zugeschlagen werden soll.

Während der Debatten und beim Essen war die Spaltung unübersehbar. Jede Gruppe formte ihren eigenen Tisch, offener Dialog war die Ausnahme, die eigenen politischen Ziele wurden kämpferisch vorgetragen, ohne erkennbare Bereitschaft zum Kompromiss. Kam das Gespräch auf eine Föderalisierung des Iraks, klatschten die Kurden, die bereits seit Jahren weitgehende Autonomie in ihren Gebieten genießen. Kubat Talabani, ein Verwandter des irakischen Präsidenten, der Kurdistan in den USA vertritt, forderte ein rasches Kirkuk-Referendum; bei weiterer Unsicherheit über die Zukunft werde die Lage dort blutig eskalieren. Turkvertreter wandten sich gegen eine zügige Abstimmung, versuchten mit Daten aus der britischen Kolonialzeit den türkischen Charakter Kirkuks zu belegen und warfen den Kurden vor, die ethnische Mischung durch Zuzug zu manipulieren. Schiiten sprachen sich für eine Verschiebung des Referendums aus, es gebe drängendere Probleme. Sunniten fürchten, die Föderalisierung sei der Einstieg in die Teilung des Landes.

Ghassan Atiyyah, ein Saddam-Gegner, der vor der US-Invasion 2003 im Ausland gelebt hatte, sich als „Iraker“ bezeichnet und die Einteilung in Schiiten, Sunniten oder Kurden für ein Übel hält, zeichnete ein trauriges Bild: Der Irak sei „eine Demokratie ohne Demokraten“, beherrsche nicht die Kunst des Kompromisses, habe eine „Regierung, die Teil des Problems, nicht Teil der Lösung“ sei und „nur von den Amerikanern zusammengehalten“ werde. Die Milizen verfeindeter Gruppen ließen sich von Nachbarstaaten wie Iran, Syrien oder Saudi-Arabien bewaffnen und bezahlen.

Sein Hauptzorn richtet sich gegen „die Amerikaner, die diese Katastrophe angerichtet haben“. Die Frage nach der Eigenverantwortung der Iraker nennt er „fair“ und „berechtigt“. Doch so sei die Lage eben: Die Extremisten, nicht die Moderaten bestimmen die Entwicklung, jede Gruppe strebe in ihrem Gebiet eine „Diktatur der Mehrheit“ an. Aus eigener Kraft, ohne Druck von außen, würden die Iraker keine friedliche Lösung finden. Einen Abzug der USA wollte keiner, „das nützt nur den Syrern und Iranern“. Es sei aber „Zeit, dass die Amerikaner die Verantwortung abgeben“. Vor allem ein Dialog mit dem Iran, dem „De-facto-Machthaber in zwei Dritteln des Landes“, sei nötig.

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