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Politik: Bush kommt, und Mandela geht

Die Beziehungen zwischen den USA und Südafrika sind gestört

Von Wolfgang Drechsler,

Pretoria

Für jeden Prominenten, der auf Besuch nach Südafrika kommt, gehört ein Fototermin bei Nelson Mandela eigentlich zum festen Programm. Selbst David Beckham bettelte hartnäckig um eine Audienz – und bekam sie gewährt. Dass ausgerechnet US-Präsident George W. Bush den afrikanischen Freiheitskämpfer während seines kurzen Staatsbesuchs am Kap nicht aufsuchte, ist ein Indiz dafür, wie getrübt das Verhältnis der beiden ist – aber auch das ihrer Staaten. Offiziell hieß es am Mittwoch, Mandela sei außer Landes. Allerdings ist bekannt, dass Bush dem früheren südafrikanischen Präsidenten dessen Kritik an seiner Irak-Politik nicht verzeiht. Tief scheint Mandela den US-Präsidenten mit den Worten getroffen zu haben, Bush sei „nicht ganz klar im Kopf“ und wolle die Welt in einen Holocaust stürzen. Erst zu Monatsbeginn hatte der 84-Jährige nachgelegt und erklärt, Bush und Amerika seien eine „Gefahr für den Weltfrieden“.

Mandelas Kritik an der amerikanischen Regierung und ihrem Führer wird auch von seinem Nachfolger Thabo Mbeki und dessen Afrikanischer Nationalkongress (ANC) geteilt. Überhaupt hat sich Südafrika zuletzt in seiner Rolle als Vorsitzender der Blockfreien immer wieder zum Sprachrohr der Dritten Welt gemacht. Die afrikanische Großmacht ist neun Jahre nach dem Übergang zur Demokratie jedenfalls selbstbewusst genug, sich keinerlei Vorschriften aus Washington machen zu lassen. Die Folge: Was den Amerikanern bei ihrer Afrika-Reise eigentlich die liebste Etappe hätte sein sollen, wird durch den jüngsten Zwist fast zu einem Albtraum.

Die Differenzen beider Staaten wurden auch nach dem Treffen zwischen Bush und Mbeki deutlich: So sehr die beiden Staatschefs sich mühten, sie zu überspielen – es gelang nur ansatzweise. Getrübt werden die Beziehungen nämlich nicht nur durch den Irak, sondern auch wegen Simbabwe, dessen Diktator, Robert Mugabe, von Südafrika noch immer unterstützt wird. Bereits vor zwei Wochen hatte US-Außenminister Colin Powell Pretoria aufgefordert, sich mit mehr Nachdruck für eine politische Lösung dort einzusetzen. Seitdem haben Bush und Powell das Regime in Simbabwe in einer Sprache kritisiert, die sie bislang nur gegenüber Staaten wie dem Irak oder Nordkorea benutzt haben. Natürlich schlug Bush in Pretoria mildere Töne an, doch wurde klar, dass schwer wiegende Unstimmigkeiten bleiben. Deutlich macht dies auch der Gipfel der Afrikanischen Union, der ab Donnerstag in Mosambik stattfindet: Während dort die Lage in Liberia diskutiert werden soll, steht Simbabwe nicht einmal auf der Tagesordnung. Bush ließ am Mittwoch weiter offen, ob sich die USA an einer Friedentruppe für Liberia beteiligen werden. Die Staaten der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft verständigten sich am Mittwoch darauf, innerhalb von zwei Wochen bis zu 15000 Soldaten nach Liberia zu entsenden.

Kaum weniger groß sind die Differenzen bei Aids. Zwar versprach Bush, den Kampf gegen die Epidemie mit 15 Milliarden Dollar zu unterstützen, doch blieb unklar, wohin das viele Geld genau fließen wird. Allerdings hatte Bush bereits im Vorfeld seiner Visite angedeutet, dass Südafrika wegen seiner umstrittenen Aidspolitik wohl nur einen kleineren Teil der Summe erhalten wird, obwohl hier mit fast fünf Millionen Menschen die meisten HIV-Infizierten leben.

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