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Carsten Sieling (rechts) und sein Amtsvorgänger Jens Böhrnsen.

© Ingo Wagner/dpa

Carsten Sieling zum neuen Bremer Bürgermeister gewählt: Von der Spree zurück an die Weser

Carsten Sieling ist neuer Regierungschef in Bremen. Den finanzschwachen Stadtstaat zu verwalten, dürfte für ihn eine interessante Herausforderung sein. Als Bundestagsabgeordneter hatte er viel mit der griechischen Schuldenkrise zu tun.

Es hätte auch schiefgehen können. Seit der Bürgerschaftswahl vom Mai hat Bremens rot-grüne Koalition nur noch eine Parlamentsmehrheit von 44 zu 39 Stimmen. Drei Abweichler hätten also gereicht, um die Wahl des neuen Bürgermeisters Carsten Sieling (SPD) am Mittwoch zu vereiteln und dem Bündnis nach acht Jahren den Todesstoß zu versetzen. Doch es kam ganz anders: Der bisherige Bundestagsabgeordnete bekam auf Anhieb 46 von 82 abgegebenen Stimmen. In geheimer Wahl müssen also zwei Oppositionelle für ihn gestimmt haben, drei weitere enthielten sich.

Sieling löst jetzt seinen Parteigenossen Jens Böhrnsen ab. Der 66-Jährige wollte nach fast zehn Amtsjahren nicht länger Bürgermeister sein, nachdem die SPD bei der Bürgerschaftswahl so unerwartet schlecht abgeschnitten hatte.

Für Sielings Stellvertreterin, die grüne Finanzsenatorin Karoline Linnert, endete die Senatswahl am Mittwoch dagegen ziemlich blamabel: Mit 42 Stimmen hatte sie nicht mal die komplette Koalition hinter sich. Das war wohl eine Quittung dafür, dass sie als "eiserne Zuchtmeistern des Senats" (so die Linksfraktion) eine strikte Sparpolitik fährt und anders als Böhrnsen keine Konsequenzen aus dem schlechten rot-grünen Bürgerschaftswahlergebnis ziehen wollte.

Der einzige Neuzugang neben Sieling, die künftige Kinder- und Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), brachte es auf ansehnliche 47 Ja-Stimmen.

Sieling will jetzt einen Ruck durch Bremen gehen lassen, was die Opposition ihm allerdings nicht abnimmt. Seine wichtigsten Ziele: mehr Arbeitsplätze, mehr Lehrkräfte, mehr Wohnungen. Aber er weiß auch: "Es werden schwere Zeiten." Immer näher rückt nämlich das Jahr 2020, und dann darf das finanzschwache Bremen wegen der Schuldenbremse grundsätzlich keine neuen Kredite mehr aufnehmen.

Mit Finanzkrisen kennt sich Sieling aus, denn als stellvertretender finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion musste er sich auch mit Griechenland befassen. Unter Politikkennern machte er sich einen Namen als Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Fraktion. Seit 2011 saß er sogar im SPD-Parteivorstand.

In seiner Heimat kennt man ihn als umgänglichen Menschen mit fast jungenhaftem Charme. Aufgewachsen ist Sieling auf einem Nebenerwerbs-Bauernhof im Raum Nienburg/Weser. Sein Vater war im Hauptberuf VW-Arbeiter, seine Mutter Postangestellte. Nach der Mittleren Reife an der Realschule verdingte er sich als Industriekaufmann bei Telefunken in Hannover. Nebenbei erarbeitete er sich die Hochschulreife und studierte dann Wirtschaft in Hamburg, Bremen und Maryland (USA). 1999 errang er den Doktortitel mit einer Arbeit über Rüstungskonversion, passend zu seiner Kriegsdienstverweigerung.

Da war er bereits seit vier Jahren Bürgerschaftsabgeordneter für die SPD. Er stieg auf bis zum Fraktionsvorsitzenden, und von 2004 bis 2006 war er auch Landesparteichef. 2009 wechselte er dann in den Bundestag.

Nach knapp sechs Jahren nun also die Rückkehr in seine Wahlheimat Bremen. Seine Ehefrau und seine drei Kinder werden sich vermutlich freuen, ihn wieder häufiger zu sehen.

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