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Politik: Castor-Zeit: Gute Transporte, schlechte Transporte

Frühlingszeit ist Castor-Zeit, und in diesem Jahr bedeuten die Atommüll-Transporte in das Zwischenlager in Gorleben eine besondere Belastungsprobe für die Atomkraftgegner in Lüchow-Dannenberg. War es früher für sie einfach, weil eine CDU/FDP-Regierung verantwortlich zeichnete, so schickt diesmal Rot-Grün die Castoren auf die Reise.

Frühlingszeit ist Castor-Zeit, und in diesem Jahr bedeuten die Atommüll-Transporte in das Zwischenlager in Gorleben eine besondere Belastungsprobe für die Atomkraftgegner in Lüchow-Dannenberg. War es früher für sie einfach, weil eine CDU/FDP-Regierung verantwortlich zeichnete, so schickt diesmal Rot-Grün die Castoren auf die Reise. Bei den niedersächsischen Grünen wird das zum Spannungstest.

Jüngst war es zum Eklat gekommen, weil die Grünen-Fraktionschefin im niedersächsischen Landtag, Rebecca Harms, aus der Linie der Bundespartei ausgeschert war. Der Parteirat in Berlin hatte gegen die Stimme von Harms und zwei anderen beschlossen, dass es keine Blockade "notwendiger Transporte" geben dürfe. Damit stehen Umweltminister Jürgen Trittin und die Bundesspitze der Grünen gegen den Landesverband Niedersachsen.

Ernst wird es Ende März, wenn die nächsten Castoren nach Gorleben rollen. Gegen diese Transporte wendet sich der Bundesverband der Grünen nicht, da es um Lieferungen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague geht, also um die Erfüllung internationaler Verträge. Etwas anderes wäre es gewesen, wenn Rückstände aus deutschen Kernkraftwerken verfrachtet worden wären - diese könnten ja bei den Kraftwerken verbleiben. Im Innenministerium in Hannover stellt man sich schon auf massive Proteste gegen die Castoren ein - und auch auf gewaltbereite Demonstranten wie in vergangenen Jahren.

Zu gewalttätigen Aktionen gehen auch Harms und die niedersächsischen Grünen auf Distanz. Die Grünen-Politikerin spricht von "legitimen Formen des Protestes", etwa Sitzblockaden oder Treckerfahrten. So etwas könne nun nicht deshalb Teufelszeug sein, weil eine rot-grüne und keine schwarz-gelbe Bundesregierung mehr für die Transporte verantwortlich zeichne. Harms und ihren Mitstreitern geht es also um Glaubwürdigkeit - sie wollen auch diesmal wieder an der Seite der Demonstranten stehen.

Dabei spielen auch nüchterne Überlegungen eine Rolle. Die niedersächsischen Grünen sind seit bald sieben Jahren in der Opposition gegenüber einer SPD-Alleinregierung. Kräftig leidet die Partei unter Mitgliederverlusten. Im Herbst sind in Niedersachsen Kommunalwahlen, und im Kreis Lüchow-Dannenberg, der von den Gorlebener Atomprotesten geprägt worden ist, haben sich schon frühere Grüne abgespalten und eine eigene Liste gebildet. Wenn die Grünen nun bei den Castor-Transporten den Demonstranten nicht zur Seite stünden, gäbe dies den Abspaltungen am linken Rand der Partei kräftigen Auftrieb.

Die Grünen-Politiker in der Bundeshauptstadt treiben dagegen ganz andere Gedanken um. In einer Zeit, da Joschka Fischer und Jürgen Trittin mit ihrer Vergangenheit in revolutionären Gruppen konfrontiert werden, kommt es der Bundespartei nun ganz gelegen, bei den Castor-Transporten ihre Gewaltabstinenz zu unterstreichen. Außerdem kann sich Trittin nur dann als erfolgreicher Umweltminister präsentieren, wenn er die bisherigen Beschlüsse zum Atomausstieg als großen Erfolg feiern lässt. Je friedlicher und maßvoller die Demonstrationen zu den Castor-Transporten verlaufen, desto größer ist die politische Leistung des Bundesumweltministers.

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