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CDU-Chef Armin Laschet stellt sich gegen immer neue Grenzwerte - und kritisiert damit Merkel.

© dpa/Federico Gambarini

CDU-Chef stellt sich gegen 35er-Inzidenz: Laschet sagt nur das, was offensichtlich ist

Die „Null-Covid-Strategie“ würde den Lockdown verlängern. Dem will Laschet vorbeugen. Sein Seitenhieb für Merkel ist allerdings auch Wahlkampf. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und nun fallen viele über Armin Laschet her. Dabei sagt der NRW-Ministerpräsident und neue CDU-Chef doch vor allem das, was offensichtlich ist: Die Bereitschaft in der Bevölkerung, die Inzidenz 35 zu akzeptieren, wird arg strapaziert.

Schon der Wert 50 wurde von (auch) ernst zu nehmenden Experten infrage gestellt. Der neue jetzt wieder. Infektiologe Matthias Schrappe, lange Jahre Berater des Bundes in Gesundheitsfragen, hält schon den Begriff Inzidenz für „unzulässig und falsch“.

Die Melderaten, die sehr unzuverlässig sind, würden einfach hochgerechnet. „Es ist ein Skandal, dass mit diesen Zahlen gesteuert werden soll“, sagt Schrappe. Gegen die zunehmende Sterblichkeit der alten Leute würden solche Ziele gesetzt und mit einem Instrument gearbeitet, das dagegen gar nicht hilft.

„Dabei wette ich, dass, wenn die 50 oder 35 erreicht sind, man sich etwas Neues ausdenken wird“, sagte Schrappe gerade im „Focus“. Genau dagegen, gegen ständig neue Inzidenzwerte, hat sich Laschet jetzt gewandt, nicht mehr, nicht weniger.

Zumal die Inzidenzwerte insgesamt eher gegriffene, nicht wissenschaftlich fundierte sind. Der Ministerpräsident redet auch so, weil er sich unter anderen von kritischen Köpfen beraten lässt.

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Schrappe, aber auch Virologe Jonas Schmidt-Chanasit oder Epidemiologe Klaus Stöhr gehören zu einer Gruppe von Wissenschaftlern, die medizinische wie gesellschaftliche Schäden der Pandemie in den Blick nimmt. Das will auch Laschet.

Mit keinem Wort aber hat er sich abgesetzt vom Infektionsschutzgesetz oder dem jüngsten Beschluss der Länderregierungschefs mit der Kanzlerin. Nur ist andererseits bekannt, dass Angela Merkel und ihr Kanzleramtschef Helge Braun, Anästhesist von Beruf, beide CDU, mit der „Null-Covid-Strategie“ und einer Inzidenz 0 liebäugeln.

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Das würde allerdings weitere Verschärfungen nach sich ziehen – und einen noch längeren Lockdown. Dem will Parteifreund Laschet vorbeugen. Deshalb auch sein Hinweis, verbunden mit einem Seitenhieb: „Populär ist, glaube ich, immer noch die Haltung: alles verbieten, streng sein, die Bürger behandeln wie unmündige Kinder, auch in der Sprache. Aber das ist nichts, was auf Dauer trägt.“

Tatsache ist, dass die Sterblichkeit durch Corona bei den über 80-Jährigen im Lockdown nicht gesunken, sondern gestiegen ist, weshalb die Frage gestellt wird, ob der Lockdown an den Bedürfnissen derer, die dadurch geschützt werden sollen, vorbei geht.

Laschet wirft diese Frage auf – allerdings wohl auch, weil gerade in etlichen Bundesländern Wahlkampf ist und er seine Zeit als CDU-Chef nicht mit Niederlagen beginnen will. Er geht auf die wachsende Unzufriedenheit in der Bevölkerung ein. Ist das aber schon verwerflich?

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