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Politik: CDU-Finanzaffäre: Die Bundes-FDP vermeidet nach dem Rücktritt des Koch-Vertrauten den Anschein der Einflussnahme auf die Wiesbadener Vorgänge

Das politische Berlin ist auf Reisen. Nur die SPD-Fraktion hat ihre - bloß eintägige - Klausur unter den Linden abgehalten.

Das politische Berlin ist auf Reisen. Nur die SPD-Fraktion hat ihre - bloß eintägige - Klausur unter den Linden abgehalten. Die Grünen tagen in der Schorfheide, die CDU in Hildesheim und die FDP im sächsischen Radebeul. Allen Tagungsorten gemeinsam ist, dass viel telefoniert wird - nicht in die Hauptstadt, nein, nach Wiesbaden.

Besonders groß war das Interesse am Geburtsort Karl Mays, wo die Bundestagsabgeordneten der FDP im "Steigenberger" zusammengekommen sind. Daher war es, mindestens für die engere Partei- und Fraktionsführung um Wolfgang Gerhardt, auch keine Überraschung, als gegen Mittag erst Spekulationen träufelten, dann die Gewissheit aus Hessen gemeldet wurde: Franz Josef Jung tritt zurück.

Die Haltung der FDP war für diesen Schritt entscheidend. Wie entscheidend die Haltung der Bundespartei für den Entschluss der Wiesbadener war, Ministerpräsident Roland Kochs wohl wichtigsten politischen Weggefährten fallen zu lassen - darüber darf nur spekuliert werden. Wolfgang Gerhardt setzt jedenfalls alles daran, jeden Anschein der Einflussnahme zu vermeiden: Keine öffentliche Stellungnahme zunächst. Einen Sprecher lässt er mitteilen, dass die Affäre zuvörderst eine der CDU sei.

Der FDP-Chef hat Grund zur Zurückhaltung. Als die Affäre um die schwarzen Konten der Hessen-CDU auch das Image des nach eigenem Bekunden "brutalst möglichen Aufklärers" Roland Koch beschädigte, wagte er den offenen Kampf mit der Landespartei - und verlor. Noch ehe er an die Öffentlichkeit gegangen war, hatte der Hesse Gerhardt sich sogar einen diskreten Tag für Gespräche daheim Zeit genommen. Als die nicht das erwünschte Ergebnis zeitigten und Parteifreunde darauf bestanden, mit Koch in der Regierung zu bleiben, verpflichtete er die Spitze der Bundespartei auf einen Ant-Hessen-Kurs. Auf dem folgenden hessischen Landesparteitag trat Gerhardt dann vergeblich für den Koalitionsbruch ein.

Was jetzt in Wiesbaden geschah, ist Produkt der damals hergestellten "Beschlusslage": Die hessischen Liberalen machen ihren Verbleib in der Koalition mit der CDU vom Fortgang der Arbeit des hessischen Untersuchungsausschusses zur Spenden-Affäre abhängig. Nun ist die Arbeit offenbar ziemlich gefährlich fortgeschritten, sodass mindestens Jung nicht mehr tragbar schien. In Kreisen der Bundespartei hält man es allerdings nicht für sonderlich logisch, dem Koch-Vertrauten einerseits das Vertrauen zu entziehen, ihm andererseits aber eine Ehrenerklärung nachzurufen.

Bleibt die Frage: Und Koch? Gerhardt und Generalsekretär Westerwelle schweigen vorerst über dessen Zukunft. Auch die Hessin Ruth Wagner übt Zurückhaltung. In Radebeul hat man mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass sie einen Talkshow-Auftritt, gemeinsam mit CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz, abgesagt hat. Selbst aus dessen Partei ist ein Raunen bis Berlin zu vernehmen, dass dies erst der Anfang vom Ende war. Das sei kein Baueropfer gewesen, heisst es in der FDP, da sei ein Bischof gegangen und der Papst bleibe. Wie geht es weiter? Wolfgang Gerhardt hat neulich in Karl Mays "Villa Bärenfett" die berühmte Silberbüchse Winnetus und Old Shatterhands Bärentöter betrachtet. Was ihm da wohl durch den Kopf gegangen sein mag?

Thomas Kröter

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