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Politik: CDU-Frauen wollen neues Familienbild

Sozialpolitikerin von der Leyen: Wer Kinder hat und arbeiten geht, ist keine Rabenmutter

Berlin - Die CDU will sich wieder stärker um die Familienpolitik kümmern und verabschiedet sich dabei zum Teil von Vorstellungen aus dem Bundestagswahlkampf 2002. Während CSU-Chef Edmund Stoiber als damaliger Kanzlerkandidat für ein Familiengeld warb, spricht sich CDU-Präsidiumsmitglied Ursula von der Leyen inzwischen gegen leere Versprechen aus, finanzielle Leistungen an Familien zu erhöhen. „Neues Geld ins System – das ist unrealistisch“, sagte die niedersächsische Sozialministerin dem Tagesspiegel am Sonntag. CDU-Chefin Angela Merkel wird auf dem Parteitag an diesem Montag eine Familienkommission ins Leben rufen, die bis zum Jahresende ein neues Programm vorlegen soll.

In Deutschland gebe es im Vergleich zu anderen Ländern ein ganz hohes Maß an Transfers, sagte von der Leyen. „Das Geld fließt aber versteckt über verschiedene Kanäle.“ Die CDU-Politikerin forderte, die finanziellen Leistungen zu bündeln und direkt an die Familien zu zahlen.

Von der Leyen wird die Kommission gemeinsam mit der Vorsitzenden der Frauen-Union, Maria Böhmer, leiten. Merkel hat den Schwerpunkt der Arbeit bereits vorgegeben: Wegen der immer weiter sinkenden Geburtenrate werde es um die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gehen. Von der Leyen hofft auf einen Imagewandel: „Die Union ist jünger und weiblicher geworden. Das müssen wir auch transportieren“, sagte sie. Ihre Parteikollegin Silke Lautenschläger, Sozialministerin in Hessen, sagte kürzlich: Es sei wichtig, dass der Staub aus dem CDU-Programm gekehrt werde. „Wir brauchen ein Frauenbild, das der Wirklichkeit gerecht wird.“ Derweil betonte CSU-Generalsekretär Markus Söder, „unser Idealbild bleibt die traditionelle Kernfamilie“. Er sprach sich in der „Berliner Zeitung“ für eine „nationale Bevölkerungspolitik“ in Deutschland aus.

Damit Familien und Beruf sich vereinbaren ließen, müsse ein „mentaler Wandel“ in der Gesellschaft herbeigeführt werden, sagte von der Leyen weiter. „Es muss anerkannt sein, dass Frauen mit Kindern arbeiten, ohne dass sie als Rabenmütter abgestempelt werden.“ Die Ministerin forderte aber auch ein Umdenken in der Gesellschaft und Wirtschaft, dass es selbstverständlich sei, dass Väter mehr Zeit in die Kindererziehung investieren. Sie kündigte an, in der Kommission werde man auch über staatliche Anreize diskutieren.

Sie zeigte sich offen, den Vorschlag eines Elterngelds zu debattieren, wie ihn Familienministerin Renate Schmidt (SPD) ins Gespräch gebracht hat. Schmidt hofft, dass sich mit einem Elterngeld, das als Lohnersatzleistung gezahlt wird und vom vorherigen Einkommen abhängt, mehr Akademikerinnen für Kinder entscheiden. Auch wäre es ein Anreiz für Väter, die häufig besser verdienen als ihre Partnerinnen, sich zu Hause um das Kind zu kümmern. Von der Leyen gab zu bedenken, dass die Regierung sagen müsse, wem sie dafür Geld wegnimmt. „Wir müssen da aufrichtig diskutieren, sonst wecken wir Erwartungen, die in Enttäuschungen münden“, forderte sie. „Diese Sonntagsreden hat es lange genug in der Politik gegeben.“ Von der Leyens Offerte, in der Familienpolitik mit der Bundesregierung zusammenzuarbeiten, weil es „ein gesamtgesellschaftliches Thema und damit überparteilich“ sei, begrüßte Schmidt umgehend.

Von Bund, Ländern und Kommunen verlangt die CDU-Politikerin einen stärkeren Einsatz bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. „Die Kinderbetreuung muss so flexibel sein, dass sie in der modernen Arbeitswelt nutzbar ist“, sagte von der Leyen. Viele junge Paare würden nur dann ihren Kinderwunsch verwirklichen, wenn sie das Gefühl hätten, beide könnten auch im Beruf vorankommen und damit die Zukunft ihrer Kinder sichern.

Die CDU-Politikerin beklagte, dass von den finanziellen Entlastungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, die der Bund den Kommunen versprochen habe, nach bisherigen Berechnungen maximal eine halbe Milliarde Euro ankommen würde. „Der Bund muss aufrichtig sein und seinen finanziellen Beitrag liefern.“ Ihre Ko-Vorsitzende Böhmer sagte dieser Zeitung, es müsse mehr ganztägige Betreuungsangebote geben.

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