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Mike Mohring, CDU-Fraktionschef im Landtag von Thüringen

© Martin Schutt/dpa

Update

CDU in Thüringen fordert Bodo Ramelow heraus: AfD wirbt für Mike Mohring als "jungen Stürmer"

Die Union in Thüringen hat sich entschieden - und will bei der Ministerpräsidentenwahl am 5. Dezember einen eigenen Kandidaten präsentieren. Die AfD empfiehlt CDU-Mann Mike Mohring, der "voll im Saft" stehe.

Von Matthias Meisner

Das rot-rot-grüne Bündnis in Thüringen muss bei der Ministerpräsidentenwahl am 5. Dezember mit einem Gegenkandidaten der CDU rechnen. Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) kündigte am Dienstagabend an, die Union werde „rechtzeitig einen eigenen Personalvorschlag“ bekanntgeben. „Wir brauchen im Landtag Klarheit“, betonte sie laut Mitteilung. Ob sie selbst gegen Bodo Ramelow, der Deutschlands erster linker Ministerpräsident werden will, antritt, blieb aber offen.

Immer wieder war auch spekuliert worden, der Fraktionschef der CDU im Erfurter Landtag, Mike Mohring, könnte gegen Ramelow ins Rennen gehen. Anders als Lieberknecht könnte er mit den Stimmen der AfD rechnen, die bei der Wahl am 14. September erstmals ins Landesparlament eingezogen war. Die AfD nimmt Lieberknecht übel, dass sie eine Regierungszusammenarbeit mit ihr ausschließt - sie will weder für die amtierende Regierungschefin noch für den Linke-Kandidaten Ramelow stimmen. Mohring dagegen ist weitaus weniger abweisend gegenüber der AfD.

Im Gespräch mit der "Zeit" empfahl der AfD-Fraktionschef im Landtag, Björn Höcke, Mohring als Gegenkandidaten aufzustellen. „Ich denke, wenn CDU-Fraktionschef Mike Mohring gegen Ramelow antritt, kann er nach menschlichem Ermessen mit allen elf Stimmen der AfD-Fraktion rechnen", sagte Höcke der Wochenzeitung. "Mohring ist ein profilierter Konservativer. Er ist ein junger Stürmer und voll im Saft“, sagte der AfD-Politiker.

Von Ramelow und Lieberknecht hält die AfD nichts

Zugleich betonte Höcke: „Wir werden den Postkommunisten Ramelow nicht wählen. Wir werden aber auch die Politikverwalterin Christine Lieberknecht nicht mittragen, weil sie für all das steht, was uns die Merkel-CDU zu einem roten Tuch macht.“ Notfalls sei die AfD auch bereit, den jetzigen Landtagspräsidenten Christian Carius zum Regierungschef zu wählen, fügte Höcke hinzu: „Carius wäre im Zweifel für uns noch tragbar. In jedem Fall müsste die CDU uns ein gutes Angebot machen.“

Der thüringische CDU-Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski erklärte auf Twitter zu der AfD-Offerte: "Auch mit AfD hat CDU keine Mehrheit im Landtag. Von daher kein praktischer Vorschlag." Die Führung der Landespartei äußerte sich nicht zum Angebot der AfD.

CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, Linke-Herausforderer Bodo Ramelow
CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht, Linke-Herausforderer Bodo Ramelow

© Kay Nietfeld/dpa

Die Landesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, wertete die Ankündigung der Landes-CDU, einen eigenen Kandidaten zu nominieren, als Hinweis auf einen bevorstehenden Rückzug von Lieberknecht. "Lieberknecht sagt ganz laut Servus", twitterte Hennig-Wellsow. Sie hatte mehrfach gefordert, dass die - innerlich zerstrittene - CDU einen eigenen Ministerpräsidenten-Kandidaten vorschlägt. Jetzt zog sie die Schlussfolgerung: "Lieberknecht ist es scheinbar nicht." Sollte indes Mohring antreten, "ist Lieberknecht definitiv raus und Ramelow durch", meint die Linke-Landesvorsitzende.

Beobachter und politische Konkurrenz sehen einen sich verschärfenden Machtkampf in der Thüringen-CDU. Die thüringische Grünen-Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich twitterte: "Die Steigerungsform Freund Feind Parteifreund hat heute in Thüringen ein besonderes Geschmäckle uiuiuiuiui".

Wer tatsächlich von der CDU als Kandidat präsentiert wird ist ebenso offen wie die Frage, ob dies bereits im ersten Wahlgang geschehen soll oder erst im dritten, bei dem die einfache Stimmenmehrheit genügt. Die Landes-CDU will eine Entscheidung am kommenden Dienstag treffen - sie hat eine dazu eine "Findungskommission" beauftragt, die weitgehend identisch ist mit dem Parteipräsidium. Im Gespräch sind Lieberknecht, Mohring und Carius, hieß es aus Parteikreisen. Als nicht völlig ausgeschlossen gilt zudem, dass ein Kandidat "von außen" gegen Ramelow ins Rennen geht - wahrscheinlich ist das aber nicht.

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Bernhard Vogel: Unter Ramelow ruhige Jahre in Thüringen

Für Thüringens früheren CDU-Ministerpräsidenten Bernhard Vogel wäre eine Regierung unter Ramelow „nicht der Untergang des Abendlandes“. Im Gegenteil: „Wir werden mit ihm eher ruhige Jahre erleben", sagte Vogel der "Zeit". Er fügte hinzu: „Ich rechne nicht damit, dass er alles auf den Kopf stellen wird. Nein, er wird sich sehr bemühen. Er wird auf leisen Sohlen regieren, er wird sehr friedlich und verbindlich die ersten beiden Jahre bestreiten." 

Vogel, der von 1992 bis 2003 in Thüringen regierte, begründete dies in auch damit, dass es den Linken nicht vordergründig um die Macht in Thüringen gehe – sondern vor allem um die Macht im Bund 2017. „Schon aus diesem Grund wäre es Ramelows größte Torheit, jetzt den Eindruck zu erwecken, er plane in Thüringen die Revolution.“

Rot-Rot-Grün hat nur eine Stimme Mehrheit

Rot-Rot-Grün hat im Parlament nur eine Stimme Mehrheit. Angesichts der knappen Stimmenverhältnisse gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen zum dritten Wahlgang. Laut Verfassung ist gewählt, wer die meisten Stimmen erhält. Allerdings wird dies unterschiedlich interpretiert. Nach einem Gutachten des Düsseldorfer Verfassungsrechtlers Martin Morlok würde Ramelow bei einer Wahl ohne Gegenkandidaten in der dritten Abstimmung eine einzige Ja-Stimme reichen. Das am Dienstag vorgestellte Gutachten hatte Landesjustizminister Holger Poppenhäger (SPD) in Auftrag gegeben.

Landtagspräsident Carius, der eine „relative Mehrheit“ mit mehr Ja- als Nein-Stimmen fordert, kündigte umgehend ein Gegengutachten an. Es sei ihm wichtig, dass nach der Wahl „keine Zweifel an der demokratischen Legitimation des neuen Regierungschefs entstehen“.

Lieberknecht betonte, die Union stehe hinter der Rechtsauffassung des Landtagspräsidenten. Es sei jedoch wichtig, dass es gar nicht zu einer derartigen Situation komme. „Das Amt des Ministerpräsidenten darf nicht zum Fall für Gerichte werden.“ CDU-Generalsekretär Mario Voigt sprach mit Blick auf das Morlok-Gutachten von juristischen Spitzfindigkeiten und Taschenspielertricks. „Es ist ein abenteuerliches Demokratieverständnis, wenn ein Kandidat mit möglicherweise einer einzigen Stimme gegen 90 Nein-Stimmen gewählt sein sollte.“ Bei einem Erfolg von Rot-Rot-Grün müsste die CDU in Thüringen erstmals seit der Wiedervereinigung in die Opposition. (mit dpa)

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