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Am Wahlabend: Angela Merkel fährt in ihrer Limousine zur Sitzung der Spitzengremien der CDU im Konrad-Adenauer Haus.

© dpa

CDU nach den Landtagswahlen: Merkels Schweigen schmerzt

Die CDU hat bei den Landtagswahlen zum Teil kräftig verloren. Und was sagt Angela Merkel dazu, die Parteichefin? Spricht sie den verbliebenen Anhängern ihrer Partei öffentlich Mut und Trost zu? Nichts davon. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Die einzige Partei, die am Sonntag in allen drei Bundesländern verloren hat, ist die CDU. In Baden-Württemberg, minus zwölf Prozent, kam sie gar auf das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte. In Rheinland-Pfalz blamierte sich Julia Klöckner. In Sachsen-Anhalt hielt sich mit Rainer Haseloff ein Ministerpräsident, der bereits im Herbst 2015 als einer der ersten aus der CDU auf Distanz zur Flüchtlingspolitik von Angela Merkel gegangen war.

Kein Wunder, dass das Urteil der internationalen Medien ziemlich einhellig ausfällt. Die “Times” aus London spricht von einem “niederschmetternden Schlag” gegen Merkel, “La Stampa” aus Turin nennt das Ergebnis “bitter” für die Kanzlerin, ihre Führungsrolle sei jetzt zur Diskussion gestellt, die liberale slowakische Tageszeitung “Sme” meint, Merkel sei mit ihrer Politik gescheitert.

Und Merkel selbst, die Parteichefin? Was sagt sie zu alledem? Übernimmt sie die Verantwortung? Spricht sie den verbliebenen Anhängern ihrer Partei öffentlich Mut und Trost zu? Nichts davon. In präsidialer Manier ließ sie sich am Wahlabend gar nicht blicken, und selbst der Vormittag danach verstrich, ohne dass irgendeine Reaktion der Hauptperson dieses politischen Bebens vernehmbar gewesen wäre.

Der Gestus des Sich-Stellens, bereits am Wahlabend, hat auch mit Haltung zu tun

Man soll Analogien nicht zu weit treiben. Aber als im Mai 2005 die Wahl in Nordrhein-Westfalen für die SPD verloren ging, verkündete Bundeskanzler Gerhard Schröder noch am selben Abend vorgezogene Neuwahlen im Bund. Das muss Merkel nicht nachmachen - immerhin könnte es sein, dass sich ihre Partei in Stuttgart und Mainz in eine Koalition rettet -, aber der Gestus des Sich-Stellens, des Gesichtzeigens, bereits am Wahlabend, hat auch mit Haltung und Größe zu tun.

Dass nun in Deutschland - im Unterschied zum Ausland und abgesehen von der AfD und Horst Seehofer – kaum einer das Desaster für Merkel als das bezeichnet, was es ist, hat zwei Gründe. Erstens sitzen alle im Bundestag vertretenen Parteien bei der Flüchtlingspolitik mit der Kanzlerin im selben Boot, die SPD sogar in Form der großen Koalition. Die Mithaftung hemmt. Zweitens ist Kritik an Merkel durch die rabiate Pegida-Rhetorik gewissermaßen kontaminiert worden. Kaum einer will in das “Merkel-muss-weg”-Gegröle einstimmen, auch aus Angst, dadurch automatisch als Flüchtlingsgegner zu gelten.

Das ist der Befund: Deutschland ein gespaltenes, polarisiertes Land, Europa heillos zerstritten und inmitten eines Revivals der Grenzen, eine faire Kontingent- oder Quotenregelung nicht in Sicht, ausgeliefert an die Türkei. Da ließe sich das eine oder andere Fragezeichen an die Schlüssigkeit dieser Politik durchaus setzen. Doch die Fragen bleiben unbeantwortet. Die, die sich erklären müsste, tut es nicht. Ihr Schweigen schmerzt.

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