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Blumen für die Chefin: Ein Strauß für Angela Merkel

© dpa

CDU-Parteitag in Essen: Angela Merkel muss den Zweifel vertreiben

Die CDU ist sich ihrer selbst nicht sicher - und so schwebt über dem am Montag beginnenden Bundesparteitag in Essen vor allem die Frage: Schaffen wir das? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Wer die Stimmung in der CDU vor ihrem Bundesparteitag  auf einen Begriff bringen will,  kommt um leicht absurde Formeln schwer herum. „Hoffnungsfrohe Angst“ wäre vielleicht eine ganz gute Beschreibung, für Optimisten wahlweise auch „besorgte Zuversicht“. Die immer noch große Volkspartei  hat mit Angela Merkel eine weithin anerkannte Bundeskanzlerin an ihrer Spitze, die Kandidatenfrage fürs nächste Jahr ist geklärt, erwartungsgemäß, gleichwohl erleichtert aufgenommen, selbst die Umfragen stehen nicht schlecht – und trotzdem: Die CDU  ist ihrer selbst nicht sicher. Über der ganzen Partei schwebt ein Zweifel. Schaffen wir das?

Die Frage ist ja berechtigt. Das zurückliegenden Jahr hat den erfolgsverwöhnten Christdemokraten  ein paar irritierende Erfahrungen beschert, die sich in zwei Sätzen zusammenfassen lassen. Erstens: Die CDU und ihre Kanzlerin sind angreifbar geworden. Zweitens: Die CDU und ihre Wähler haben sich nicht als widerstandsfähig genug erwiesen, diese Angriffe abzuwehren.

Über die Angreifbarkeit muss man nicht mehr viel sagen. Dass Merkel den gestrandeten Flüchtlingen aus Ungarn die Grenze öffnete, bevor die sie stürmten, war kein Fehler, sondern unvermeidlich. Der Fehler war, dass sich an einer pragmatisch-humanen Notlösung ein Kulturkampf mitten im Herz der Union entzünden konnte. CSU-Chef Horst Seehofer hat ihn angeheizt und Merkel nicht rechtzeitig gelöscht. Im Moment glimmt das Feuer nur noch. Doch bei jedem Windzug glüht es wieder bedrohlich auf.

Denn, und das ist der für die Zukunft viel entscheidendere Punkt: Die CDU ist, als es loderte, in Deckung gegangen. Nicht alle, aber zu viele sind von der Anbetung der Erfolgs-Merkel nahtlos in peinliches Schweigen über die Flüchtlings-Merkel verfallen. Das Wegducken hat mit  dazu geführt, dass  die  beispiellosen Verschärfungen des Asylrechts von vielen Bürgern gar nicht zur Kenntnis genommen wurden. Den Rest hat das ständige „Reicht nicht!“-Gedröhne aus München erledigt.

Mutmach-Appelle reichen nicht mehr

Wenn es nun aber stimmt, was die gesamte CDU-Spitze halb ängstlich, halb lustvoll verkündet, dass nämlich der nächste Wahlkampf der härteste seit Jahrzehnten wird, dann werden  Laue und Verzagte zum Zentralproblem. Für die CDU sind Sieg und Niederlage bei Wahlen  eine Frage der Mobilisierung. Dass Wähler zur AfD abwandern, tut weh, wäre aber von den reinen Zahlen her verkraftbar. Viel gefährlicher sind Wähler, die zu Hause bleiben. Noch gefährlicher sind Mitglieder, die dafür  das Vorbild liefern.

Was tun? Mutmach-Appelle an die Basis wirken in einer Partei nicht, die auf die Spitze ausgerichtet ist. Also muss Angela Merkel die Gründe für ihre Wiederwahl selbst liefern. Im Moment hilft ihr der Zustand der Welt rundum und der Konkurrenz im Land. Doch in einem Jahr kann das  Bild von der letzten Vernünftigen  der westlichen Welt leicht  in das  einer Einsamen umschlagen, die gegen Rassisten, Nationalisten und eine neue Männerkumpelei zwischen Moskau und Washington keinen Stich mehr kriegt. 

Dem von der Globalisierung erschreckten Volk als nächstes mit der Digitalisierung zu drohen ist aber auch keine gute Idee. Es mangelt ja nicht an Problemen, sondern an Zuversicht, auch an  Trost. Vielleicht sollten sie im Adenauer-Haus mal über scheinbar altmodische Begriffe   nachdenken. Heimat zum Beispiel,  Anstand, die Ordnung der Dinge, Sicherheit. Sie könnten in aufgeregte  Zeiten passen. Ob sie - noch - zu Angela Merkel passen? Da hilft nur besorgte Zuversicht.

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