zum Hauptinhalt

Politik: CDU-Spendenaffäre: Rettungsaktion für den Altkanzler

"Ich bin ich", sagt Ingrid Ehlerding. Das klingt selbstverständlicher, als es an diesem Donnerstag im CDU-Spenden-Untersuchungsausschuss ist.

Von Robert Birnbaum

"Ich bin ich", sagt Ingrid Ehlerding. Das klingt selbstverständlicher, als es an diesem Donnerstag im CDU-Spenden-Untersuchungsausschuss ist. Manchmal, wenn die Frau im dezenten gelben Kostüm "ich" sagt, meint sie nämlich nicht sich, sondern ihren Mann. Das liegt daran, dass Ingrid Ehlerding ellenlang eine Erklärung von Karl Ehlerding vorliest und dabei so tut, als wäre es ihre eigene. Manchmal liest sie "meine Frau und ich", was die Szene vollends ins Absurde abgleiten lässt. Das an sich belanglose Detail ist insofern doch wichtig, als es Resultat des energischen Versuchs des Ehepaares Ehlerding ist, die Kontrolle über die eigene Vernehmung keine Sekunde zu verlieren. Das Zeugenpaar habe, sagt der Anwalt, ein Konzept erarbeitet. Das Konzept sieht vor, dass erst er aussagt und dann sie. SPD und Grüne wollen es umgekehrt, um, wie ein Abgeordneter sagt, "das Drehbuch" zu stören. Aber so leicht lassen sich Ehlerdings nicht aus dem Konzept bringen. Also liest sie vor, was er sagen wollte.

Ingrid und Karl Ehlerding haben der Bundes-CDU kurz vor der Bundestagswahl 1998 fünf Millionen Mark für eine Zeitungskampagne zugunsten von Helmut Kohlgespendet und der CDU Mecklenburg-Vorpommern für deren Landtagswahl noch mal 900 000 Mark. Kurz vorher hatte Kohls Bundesregierung einem Konsortium, an dem Ehlerdings Firma WCM beteiligt war, den Kauf von 112 600 Eisenbahnerwohnungen zugeschlagen. Das WCM-Konsortium war nur der zweitbeste Bieter nach einer japanischen Gruppe. Es war Ehlerdings erste und einzige Spende für die CDU. Sie floss in Kohls Schwarzkonten-System und tauchte erst nach der verlorenen Wahl auf offiziellen Konten auf. Die Spendenbescheinigung kam ein Jahr später, und sie wurde mehrfach falsch- und umdatiert. Aus alledem ergab sich ein Verdacht: Waren die fünf Millionen ein Dankeschön für das Wohnungsgeschäft?

Kein schöner Verdacht für Leute, die zu den Reichsten in Deutschland gehören, sich vielfältiger wohltätiger Engagements rühmen können und trotzdem öffentlich bisher so gut wie unbekannt waren. "Meine Familie wird ihres Lebens nicht mehr froh", klagt Ingrid Ehlerding. Nach ihrer Lesart oder, um korrekt zu sein, der ihres Mannes, war die Spende kein konkreter Dank für die Eisenbahnerwohnungen. Peanuts, dieser Deal: "Nicht geradezu das Geschäft unseres Lebens", sagt die Milliardärsgattin. Ein viel umfassenderes Geschäftskalkül soll hinter der Großzügigkeit gesteckt haben: Es sei ihnen gut gegangen in den 16 Jahren Kohl-Regierung, auch wegen deren Steuer- und Wirtschaftspolitik. Dies habe man in Gefahr gesehen, wenn Kohl abgewählt würde. Darum der Versuch, den CDU-Kanzler durch eine Anzeigenkampagne zu retten.

Die Zeitungsanzeigen sind damals geschaltet worden, kurz vor der Wahl und in einer Auflagenhöhe von 25 Millionen. Über das Wohnungsgeschäft, versichert Karl Ehlerding durch den Mund seiner Frau, sei mit irgendwelchen CDU-Leuten in all den Wochen nie gesprochen worden. Wie und wo das Geld verbucht oder nicht verbucht wurde, habe man weder gewusst noch wissen wollen - warum auch "bei einer damals als seriös geltenden großen Bundespartei"? Kohl selbst habe man nur einmal gesehen - bei einem Spenderessen im September 1998 in Hamburg. Es war der Tag, an dem Kohls Geldjongleur Hans Terlinden vier Schecks von Ehlerding bekam. Nur eins noch, was Kohl betrifft: "Insbesondere, das betone ich mit Nachdruck, hat er uns kein irgendwie geartetes Ehrenwort gegeben. Diesmal meint das "ich" von Ingrid Ehlerding tatsächlich "ich". Oder vielleicht doch "mein Mann"?

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false