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Die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der russische Staatspräsident Wladimir Putin.

© dpa/ Wolfgang Kumm

CDU-Spitze verteidigt Ex-Kanzlerin: „Wäre vermessen, Angela Merkel eine Mitschuld am Ukraine-Krieg zu geben“

Die CDU ringt um eine Haltung zu Angela Merkels Russlandpolitik. CDU-Generalsekretär Mario Czaja stellt sich hinter sie. Andere fordern eine Erklärung

Die CDU-Spitze hat sich in der Diskussion über eine Mitverantwortung von Altkanzlerin Angela Merkel für den russischen Angriff auf die Ukraine hinter die frühere Parteichefin gestellt. „Es wäre vermessen, zu behaupten, dass Angela Merkel eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine trifft. Es ist Putins Krieg gegen die Ukraine und der seiner Verbrecherclique im Kreml“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Merkels Politik gegenüber Russland in deren 16-jähriger Amtszeit belaste den Neuanfang der Partei mit Friedrich Merz an der Spitze nach dem Desaster bei der Bundestagswahl nicht.

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Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag, Johann Wadephul, forderte dagegen weitere Erklärungen von der ehemaligen Bundeskanzlerin zu ihrer Russlandpolitik. „Ich würde mir wünschen, dass Angela Merkel bald einmal Zeit und Anlass findet, sich vertieft zu ihrer Russland-Politik zu äußern“, sagte der CDU-Politiker der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Er selbst habe ihre Politik lange „im Wesentlichen für richtig gehalten“. „Meine Überzeugung war es, dass die wechselseitige Abhängigkeit zwischen Russland und Deutschland auch für Russland handlungsbestimmend sein würde. Ich habe mich geirrt.“

Wadephul hatte bereits vorgeschlagen, eine Enquete-Kommission einzurichten, um Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. „Es muss doch in unserem außenpolitischen Interesse sein, aus unseren Fehlern zu lernen. Wir können vielleicht Prinzipielles lernen für den Umgang mit China, mit dem wir ja ähnlich enge Wirtschaftsbeziehungen haben wie mit Russland“, sagte er der Zeitung.

Merkel (CDU) hatte am Mittwoch deutlich gemacht, trotz wiederholter Aufforderungen keine weiteren öffentlichen Äußerungen zu ihrer Russlandpolitik geben zu wollen. Sie hatte den russischen Angriff auf die Ukraine am 25. Februar in einer schriftlichen Erklärung scharf verurteilt und sich hinter die Bemühungen ihres SPD-Nachfolgers Olaf Scholz gestellt, Präsident Wladimir Putin zu stoppen.

Ukraine machte Merkel Vorwürfe

Unter anderem die Regierungsspitze der Ukraine hatte Merkel vor dem Hintergrund der Kriegsgräuel in der ukrainischen Stadt Butscha eine gescheiterte Russlandpolitik vorgeworfen. Merkel hatte sich 2008 bei einem Nato-Gipfel gegen eine rasche Aufnahme der Ukraine in das Verteidigungsbündnis gesperrt.

„Die führenden Köpfe in der Politik haben Russland in der Vergangenheit anders, aus heutiger Sicht falsch, eingeschätzt“, sagte Czaja. Mit Blick auf entsprechende Fehler-Eingeständnisse von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ergänzte er: „Deswegen habe ich auch großen Respekt davor, wenn amtierende Politiker heute ihre Verantwortung in der damaligen Zeit anders bewerten und dafür auch Verantwortung übernehmen.“ Merkel sei im politischen Ruhestand, sie habe sich klar gegen den russischen Krieg positioniert und für die Maßnahmen gegen diesen Krieg ausgesprochen. „Damit hat sie auch deutlich gemacht, wofür sie steht. Das ist ausreichend“, sagte Czaja.

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„Wir erleben gerade nicht nur eine Zeitenwende, sondern auch eine Rückkehr der Geschichte“, sagte der Generalsekretär. Seit der Wiedervereinigung und dem Fall des Eisernen Vorhangs seien alle davon ausgegangen, dass Deutschland von Freunden und Partnern umgeben sei. „Niemand hätte damals erwartet, dass (der russische Präsident Wladimir) Putin einen Angriffskrieg gegen die gesamte Ukraine führt.“ Klar sei aber auch, „dass man aus der heutigen Sicht sicher die eine oder andere Entscheidung der Vergangenheit anders bewerten würde“.

Auf die Frage, ob die damalige Politik Merkels den angestrebten Neustart der CDU-Spitze belaste, sagte Czaja: „Die 16 Jahre Kanzlerschaft Angela Merkel waren gute Jahre für unser Land und die Welt. Sie hat viele Konflikte erfolgreich gelöst und genießt eine hohe Wertschätzung weltweit.“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Merkel zuvor zu einer Reise nach Butscha aufgefordert, wo in den vergangenen Tagen nach dem Abzug russischer Truppen Hunderte Leichen gefunden wurden. In dem Kiewer Vorort könne sich Merkel - ebenso wie Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy - ein Bild ihrer gescheiterten Russlandpolitik machen. (dpa)

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