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Politik: CDU trennt sich schwer von Hohmann

Trotz Appell der Führung: Jeder fünfte Unionsabgeordnete stimmt nicht für seinen Ausschluss aus der Fraktion

Von Robert Birnbaum

Berlin. Die CDU/CSU-Fraktion hat den Abgeordneten Martin Hohmann aus ihren Reihen ausgeschlossen, aber zugleich ihrer eigenen Führung eine empfindliche Niederlage zugefügt. In der geheimen Abstimmung stimmte jeder fünfte Abgeordnete nicht für den Ausschluss. Die nötige Zweidrittelmehrheit wurde aber klar erreicht. Partei- und Fraktionschefin Angela Merkel führte das Ergebnis auf die menschlich schwierige Situation zurück. Sie kündigte eine Debatte über einen „vernünftigen Patriotismus“ an. Andere Unionspolitiker werteten die hohe Zahl von Gegenstimmen als Unmutsäußerung über Merkels Vorgehen in der Affäre.

In der Abstimmung am Freitagmorgen, der ersten über einen Fraktionsausschluss in der Geschichte der CDU/CSU-Fraktion, votierten 195 Abgeordnete für die Trennung von Hohmann. Es gab 28 Gegenstimmen, 16 Enthaltungen und vier ungültige Stimmzettel. Die Fraktion hat 248 Mitglieder.

Merkel nannte das Ergebnis ebenso wie CSU-Chef Edmund Stoiber „eindeutig“. Es habe aber auch gezeigt, dass es vielen „menschlich schwer gefallen“ sei, gegen den Kollegen zu stimmen, sagte Merkel. Sie kündigte später an, dass sie beim Parteitag in Leipzig in drei Wochen eine Debatte darüber anstoßen wolle, wie heutzutage „Stolz auf unser Land“ und Patriotismus in einer wiedervereinigten Nation verstanden werden könne. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ kündigte Merkel an, die Parteibasis verstärkt über Hohmanns Ansichten aufzuklären. „Ich glaube, dass gerade die Basis an vielen Stellen über den gesamten Sachverhalt auch noch nicht ausreichend informiert ist.“

Fraktionsvize Wolfgang Bosbach, der vor dem Votum zehn Prozent Gegenstimmen als „zu viel“ bezeichnet hatte, zeigte sich enttäuscht über die vielen Nein-Stimmen und Enthaltungen. Dies stelle die Union vor eine „Zerreißprobe“. Führende Unionspolitiker waren sich einig, dass die hohe Zahl von Gegenstimmen vor allem Unzufriedenheit und Protest gegen das Verfahren ausdrücke. Viele Abgeordnete hätten kein Verständnis dafür, dass Merkel am Montag plötzlich den Kurs gewechselt und Hohmanns Ausschluss betrieben habe. Die meisten hätten den Eindruck, diese Kehrtwende sei nur eine Reaktion auf den öffentlichen Druck und nicht durch Hohmanns Verhalten begründet.

Merkel hatte hingegen bekräftigt, dass die Trennung von Hohmann nötig geworden sei, weil dieser auf seinen Ansichten beharre. Hohmann selbst bat die Fraktion um eine „letzte Chance“ und lehnte einen Mandatsverzicht erneut ab. Er kündigte nach dem Votum an, als fraktionsloser Abgeordneter weiter für seinen Wahlkreis Fulda zu arbeiten. Hessens CDU will das Parteiausschluss-Verfahren in diesem Monat einleiten.

Politiker der Regierungskoalition begrüßten den Ausschluss Hohmanns. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Wilhelm Schmidt warf der Union aber zugleich vor, Geisteshaltungen wie die Hohmanns hätten offensichtlich „einen Nährboden in dieser Fraktion“. Sein Grünen-Kollege Volker Beck sagte, die Merkel-Gegner in deren eigenen Reihen hätten sich in „Fraktionsstärke“ offenbart. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz nannte es „nicht akzeptabel“, in dieser Frage nicht für den Ausschluss Hohmanns gestimmt zu haben.

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