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Politik: CDU überrascht Krankenversicherte

Sie fordert wie die Grünen: Zins- und Mieteinkünfte für Kassenbeiträge heranziehen / Seehofer verhandelt für Union

Berlin. Die CDU will überraschend nun auch langfristig alle Einkünfte für die Krankenversicherung heranziehen. Politiker von SPD und Grünen begrüßten dies, „Das wäre ein erster Schritt zur Bürgerversicherung“, sagte Grünen-Gesundheitsexpertin Biggi Bender dem Tagesspiegel. Sie forderte allerdings, dass in Zukunft auch Selbstständige und Beamte in die gesetzlichen Kassen einzahlen sollten. Nach Ansicht des Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Klaus Kirschner (SPD), könnten dadurch die Beiträge um 1,5 Prozentpunkte sinken. Gegen eine solche Ausweitung des Personenkreises sprach sich jedoch die CDU-Spitze aus.

„Auch die Abgeordneten und die Herren Professoren sollten künftig gesetzlich versichert sein“, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Kirschner dem Tagesspiegel. Dann würden sie „am eigenen Leib erfahren, wie sich Gesetzesänderungen auswirken“. Nach dem CSU-Sozialexperten Horst Seehofer hatte auch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) eine Debatte über den Wechsel zu einer Bürgerversicherung angeregt. Der Kölner Gesundheitsökonom Karl Lauterbach forderte die Politik auf, „noch in diesem Jahr eine Vorentscheidung zu treffen, ob die Weichen in Richtung Privatisierung oder Bürgerversicherung gestellt werden“. Auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) liebäugelt inzwischen mit den Vorschlägen ihres Beraters Lauterbach.

Die CDU-Spitze hatte sich am Samstag hinter die Empfehlungen der Herzog-Kommission gestellt, die Beiträge auf alle Einkunftsarten fordert. Das Gremium rät der Partei außerdem, die beitragsfreie Mitversicherung von nicht erwerbstätigen Ehepartnern abzuschaffen. Stattdessen rät sie zu einem Ehegattensplitting, „um zu einem sozial gerechteren Umlageverfahren zu kommen“. Ein Alleinverdiener, der über 3450 Euro verdient, müsste dann auch für den Partner Beiträge zahlen. Beitragsfrei blieben nur noch Ehegatten, die Kinder erziehen oder Angehörige pflegen.

SPD und Grüne übten scharfe Kritik an den Sparvorschlägen der CDU, mit denen die gesetzlichen Krankenkassen bis 2010 um 53 Milliarden Euro entlastet werden sollen. „Damit wird das solidarische System ausgehöhlt und unterminiert“, sagte Grünen-Fraktionschefin Krista Sager. Nach Vorstellungen der CDU sollen langfristig nicht nur der Zahnersatz, sondern die gesamte Zahnbehandlung und Privatunfälle privat versichert werden. Den privaten Krankenversicherern „schanzt die CDU zusätzliche Geschäfte zu“, kritisierte Sager. Auch Kirschner bezeichnete das Sparprogramm als „absurd und unsozial“.

Seehofer wird unterdessen Verhandlungsführer der Union bei den Gesprächen über die Gesundheitsreform. Dies teilte die Fraktion am Sonntagabend nach einem Treffen von CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Landesgruppenchef Michael Glos und Seehofer mit. „Die Bedenken von Horst Seehofer in einem Punkt sind bekannt“, hieß es. Ungeachtet dessen werde er aber das Gesamtkonzept der Union vertreten, das „in allen Punkten in die Verhandlungen mit der SPD eingebracht“ werde. Seehofer blieb dabei, dass in der Frage der privaten Bezahlung von Zahnersatz zwischen ihm und der Union Bedenken bestehen. Am Dienstag wollen die Fachpolitiker beider Parteien beraten.

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