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Politik: CDU will Sozialstaat radikal umbauen

Parteitag unterstützt Merkels Reformkurs / Vorsitzende steht zu Kompromissbereitschaft im Vermittlungsausschuss

Leipzig. Die CDU hat sich auf ihrem Parteitag in Leipzig hinter die Pläne ihrer Vorsitzenden Angela Merkel für einen radikalen Umbau des Sozialstaats gestellt. Die Delegierten nahmen am Montag mit vier Gegenstimmen das Konzept der Herzog-Kommission an. Merkel forderte die Partei auf, sich als „wirtschaftlicher und sozialer Reformmotor“ zu verstehen, damit 2006 oder schon früher die rot-grüne Regierung abgelöst werden könne. Entweder die CDU gestalte den Wandel, oder sie werde von ihm überrollt. Ziel einer CDU-geführten Regierung müsse es sein, dass Deutschland in zehn Jahren wieder „unter den ersten drei“ in Europa ist.

Ohne einen Wechsel der Systeme in der Renten- und Krankenversicherung „werden wir die Probleme der nächsten Jahrzehnte nicht meistern können“, sagte Merkel. Ein „Weiter so“ im System sei unmöglich. Die Bundesrepublik befinde sich derzeit in ihren „zweiten Gründerjahren“. Altpräsident Roman Herzog, der die Reformpläne erläuterte, erhielt vom Parteitag starken Beifall.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und dessen Koalition sprach Merkel die Regierungsfähigkeit ab. Im Streit mit Rot-Grün seien die Fronten klar: Es gehe um die Bürgerversicherung, welche SPD und Grüne wollten, oder „eine solidarische Gesundheitsprämie“, die die CDU einführen wolle. Der soziale Ausgleich solle über Steuern erfolgen. Merkel gab zu, dass deshalb bei einem zu geringen Wirtschaftswachstum die CDU die Steuern nicht so stark senken könne, wie sie es eigentlich wolle. Daher müsse die Politik der Partei vor allem auf Wachstum setzen. Merkel und CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer wiesen CSU-Pläne zurück, den sozialen Ausgleich im System etwa durch eine Höherbelastung Kinderloser zu finanzieren.

Merkel bekräftigte ihre Kompromissbereitschaft in den Verhandlungen im Vermittlungsausschuss. Die CDU werde „nichts unversucht lassen“, um das Vorziehen der Steuerreform zu ermöglichen. Nötig seien vor allem Strukturreformen am Arbeitsmarkt. Merkel setzt dabei auf eine gesetzliche Regelung für Tarifverhandlungen auf Betriebsebene. Sollten sich Gewerkschaften und Arbeitgeber auf freiwillige Bündnisse für Arbeit auf Betriebsebene verständigen, solle dies im Gesetz berücksichtigt werden. Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus schloss nicht aus, dass es zum Ende des Vermittlungsverfahrens zu einem Spitzentreffen der Parteichefs kommen könnte. Zuvor hatte auch Grünen-Chefin Angelika Beer ein solches Treffen angedeutet.

Merkel verteidigte den Fraktionsausschluss des Abgeordneten Martin Hohmann. Die CDU dürfe weder auf dem linken noch auf dem rechten Auge blind sein. Hohmann habe gegen die Grundlinien der „Verfassungs- und Europapartei“ CDU verstoßen. Dazu zähle auch der Widerstand gegen das NS-Regime. Laut CDU-Statut kann ein Mitglied ausgeschlossen werden, wenn es erheblich gegen Grundsätze der Partei verstößt.

Nach Ansicht von SPD-Generalsekretär Olaf Scholz hat die CDU auf dem Parteitag endgültig ihre sozialen Wurzeln gekappt.

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