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Politik: Chance auf Frieden

Wenn Nepals Maoisten sich an der Regierung beteiligen, wäre ein Ende des Bürgerkriegs möglich

Eigentlich wollten am Dienstag erneut Hunderttausende in Kathmandu gegen den König demonstrieren. Doch die Proteste gerieten zu Siegesfeiern. Offenbar aus Angst vor einer blutigen Schlacht um den Palast gab der Monarch am Montagabend klein bei. Sichtlich erschöpft kündigte er im Rundfunk an, am Freitag werde das von ihm vor vier Jahren aufgelöste Parlament wieder eingesetzt.

Dies war eine Hauptforderung der Sieben-Parteien-Allianz, die unterstützt von den Maoisten die Demokratiebewegung angeführt hatte. Die Parteien beendeten den seit 19 Tagen andauernden Generalstreik und einigten sich auf den früheren Premier Girija Prasad Koirala als Chef der Übergangsregierung. Der über 80-jährige Führer der Kongresspartei übernimmt das Amt damit zum vierten Mal. Jubelnd und tanzend feierten Menschen in ganz Nepal auf den Straßen. „Das ist der Sieg des Volkes, lang lebe die Demokratie“, riefen sie.

Nun richtet sich der Blick auf die Maoisten. Sie kämpfen seit zehn Jahren für eine Volksrepublik, waren aber im November mit den Parteien ein informelles Bündnis gegen den König eingegangen. Dabei hatten sie die Hoffnung geschürt, dass sie die Waffen niederlegen und sich in die Demokratie einfügen würden. Sie fühlen sich jetzt offenbar von den Parteien ausgebootet. Sie kündigten an, Kathmandu weiter zu blockieren und die Proteste fortzuführen. Die Rebellen wollen mit in die Regierung und pochen auf Wahlen zu einer verfassunggebenden Versammlung. Gyanendras neuer Zug sei eine „Verschwörung“, um die Bewegung zu spalten, so Guerillachef Prachanda.

Wenn die Parteien aber die Differenzen mit den Maoisten ausbügeln können, bestünde seit Jahren die erste Chance auf ein Ende des Bürgerkriegs in dem bitterarmen Land. Die neue Regierung will sofort Gespräche mit den Rebellen aufnehmen. „Wir werden mit den Maoisten zusammenarbeiten“, sagte ein Sprecher der Allianz, Krishna Sitaula. Die Parteien sicherten zu, eine verfassunggebende Versammlung in die Wege zu leiten. Es gilt als sicher, dass in der neuen Verfassung die Monarchie massiv beschnitten oder ganz abgeschafft wird. Die USA forderten, der Monarch solle sich künftig mit einer „zeremoniellen Rolle“ begnügen.

Am Dienstag zog in der Hauptstadt wieder Alltagsleben ein: Das Mobilfunknetz wurde freigeschaltet, Geschäfte öffneten und Freiwillige beseitigten Straßenblockaden. Dennoch misstrauen viele Nepalesen dem König weiter. Seine Aufgabe kam offenbar unter Druck ausländischer Diplomaten zustande, die den ganzen Montag zwischen Palast und Parteien vermittelt hatten. Mehr als ein Dutzend Demonstranten waren vom Militär im Verlauf der 19-tägigen Proteste getötet, mehr als 1000 verletzt worden.

Christine Möllhoff[Neu-Delhi]

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