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Politik: Chatami in Deutschland: Organisiert wie eine Sekte: Irans Opposition wird von den "Volksmujahedin" dominiert

Was die Verfolgung kritischer Stimmen angeht, war der Iran gründlich: Nach der islamischen Revolution 1979 wurden Oppositionelle radikal verfolgt und mussten das Land verlassen. Aus diesem Grund wird der Widerstand gegen das Mullah-Regime aus dem Ausland organisiert: aus dem Irak mit einer einige Tausend Kämpfer starken "Nationalen Befreiungsarmee" und von Europa aus mit einer politischen Vertretung, die vor allem Lobbyismus betreibt.

Was die Verfolgung kritischer Stimmen angeht, war der Iran gründlich: Nach der islamischen Revolution 1979 wurden Oppositionelle radikal verfolgt und mussten das Land verlassen. Aus diesem Grund wird der Widerstand gegen das Mullah-Regime aus dem Ausland organisiert: aus dem Irak mit einer einige Tausend Kämpfer starken "Nationalen Befreiungsarmee" und von Europa aus mit einer politischen Vertretung, die vor allem Lobbyismus betreibt. Kenner der Szene beschreiben die iranischen Widerstandsgruppen als zersplittert; den "Nationalen Widerstandsrat" unter Führung der "Volksmujahedin" bezeichnet der Verfassungsschutz als "einzig handlungsfähige Organisation". Nach Erkenntnissen des deutschen Geheimdienstes sind rund 900 Exiliraner Aktivisten der "Volksmujahedin". Die Zentrale sitzt in Köln, rund 20 "Mujahedin" agieren in Berlin.

Die "Volksmujahedin" begannen schon zu Zeiten des Schah Anfang der 70er Jahre mit bewaffneten Aktionen gegen die iranische Staatsführung. Die islamische Organisation besitzt ein sozialrevolutionäres Selbstverständnis. Unter ihren Führern Massoud und Marjam Radjavi entwickelten sich die "Volksmujahedin" allerdings ähnlich einer Sekte. Das Ehepaar lässt sich seit Jahren von seinen Anhängern verherrlichen. Der Versuch der Radjavis, über die Gründung des "Nationalen Widerstandsrats" im Ausland politische Anerkennung und Unterstützung zu gewinnen, scheiterte Anfang der 90er Jahre. Seitdem konzentriert sich die Widerstandsgruppe auf Anschläge im Iran sowie politische Propaganda im Ausland.

Proteste bei der Fußball-WM

Vor allem bei großen öffentlichen Ereignissen versucht der "Nationale Widerstandsrat", europaweit Aufmerksamkeit zu erregen. Bereits bei den Staatsbesuchen Chatamis im März 1999 in Italien und im Oktober 1999 in Frankreich mobilisierte die Oppositionsbewegung per Reisebussen Tausende "Protestperser". Auch die Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich nutzten die "Volksmujahedin" als internationale Bühne: Beim Spiel des Irans gegen die USA am 21. Juli 1998 sorgten Chatami-Gegner für Schlagzeilen; das iranische Regime sendete das Spiel nur zensiert und blendete unliebsame Transparente aus.

Der Konflikt zwischen dem Regime und seinen Gegnern wird auch im Ausland blutig ausgetragen. Die Bundesregierung sprach von einem Akt des "Staatsterrorismus", als am 17. September 1992 vier iranisch-kurdische Exilpolitiker im Berliner Restaurant "Mykonos" erschossen wurden. Das Gericht bezeichnete die tödlichen Schüsse in seinem Urteil als "Auftragstat der iranischen Staatsführung". Die Verurteilung des Drahtziehers Kazem Darabi, der noch immer in Deutschland im Gefängnis sitzt, sorgt bis heute für diplomatiosche Verstimmung. Erst Ende 1999 verurteilte ein Berliner Gericht zudem einen iranischen Spitzel, der für den Inlandsgeheimdienst "Vevak" die "Volksmujahedin" infiltriert und an diversen Protesten mitgewirkt hatte.

Der neue, moderatere Kurs des auch im Iran nicht unumstrittenen Chatami hat allerdings auch Folgen für die Oppositionsgruppen: In jüngerer Zeit, heißt es bei den Sicherheitsbehörden, verliere der "Nationale Widerstandsrat" an Attraktivität, weil die Politik Chatamis auch unter Exiliranern zunehmenden Zuspruch finde.

Holger Stark

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