zum Hauptinhalt

Politik: Chef-Praktikant

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Wer wie das Land Berlin 46 Milliarden Euro Schulden hat, sollte eigentlich jede Gelegenheit zum Sparen, aber auch zum Geldmachen nutzen. Schließlich steht eine Regierung unter starkem Rechtfertigungsdruck, wenn sie wegen akuter Finanznot Schulen schließt, die Entlassung von Kita-Erzieherinnen erwägt und von Landesangestellten und Beamten Mehrarbeit verlangt.

Von Hans Monath

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Wer wie das Land Berlin 46 Milliarden Euro Schulden hat, sollte eigentlich jede Gelegenheit zum Sparen, aber auch zum Geldmachen nutzen. Schließlich steht eine Regierung unter starkem Rechtfertigungsdruck, wenn sie wegen akuter Finanznot Schulen schließt, die Entlassung von Kita-Erzieherinnen erwägt und von Landesangestellten und Beamten Mehrarbeit verlangt. Da muss sich der Senat Mühe geben, selbst mit gutem Beispiel voranzugehen und jede mögliche Einnahme zu realisieren. Nicht immer zeigt er dabei den nötigen Eifer – auch nicht bei der Vermietung der ehemaligen Berliner Landesvertretung in der Wilhelmstraße.

Das aufwändig renovierte Gebäude ist erst vor zwei Jahren eingeweiht worden. Doch als dem Land das Geld ausging, wurde die Landesvertretung ins Rote Rathaus verlegt. Das Haus in der Wilhelmstraße 67 sollte eigentlich schnell Geld in die Landeskasse bringen. Die Voraussetzungen dafür sind gut: Die Büros der Bundestagsabgeordneten liegen gegenüber, zum Reichstag sind drei Minuten Fußweg. Ein klassizistischer Treppenaufgang und moderne Kunst in hellen Räumen schaffen eine großzügige Atmosphäre.

Weil der Bau mitten im Regierungsviertel steht und das ARD-Haus als Nachbarn hat, interessieren sich nun Deutsche Welle und Westdeutscher Rundfunk dafür. Also wurde ein Besichtigungstermin vereinbart. Vergangene Woche erschienen dann Vertreter der Chefredaktion von Deutscher Welle und WDR vor dem Gebäude. Die Tür war freilich abgeschlossen. Die Medienleute warteten und warteten. Wer nicht zum Termin kam, war ein Vertreter der Hausherren.

Nach längerem Telefonieren erschien nach einer Dreiviertelstunde doch noch ein Praktikant der Senatsverwaltung, der auch die Schlüssel dabeihatte. Mancher der Interessenten wunderte sich: Wäre das Objekt in privater Hand, hätte sich bei einem erwarteten Mietpreis von rund 50 000 Euro monatlich wahrscheinlich der Chef persönlich um die Mieter bemüht. Aber was in der Wirtschaft auf höchster Ebene verhandelt wird, ist für den Senat offenbar manchmal einfach nur Praktikantenkram.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false