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Chefsessel: Parteilinke Nahles will Müntefering bremsen

Voreilig! – so das Urteil der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Nahles über Parteichef Müntefering. Dieser hatte seine erneute Kandidatur für den Vorsitz angekündigt.

Die Forderung dürfte Gesprächsstoff liefern für den SPD-Bundesparteitag am Wochenende. Andrea Nahles warnt vor einer verfrühten Festlegung des Chefs auf einen Wiederantritt als Parteivorsitzender: "Wenn er kandidiert, finde ich das gut", sagte sie dem Hamburger Abendblatt. Sie schränkte zugleich ein: "Aber wir haben jetzt die Strecke bis zum 27. September in den Blick zu nehmen und nicht einen Parteitag im November 2009."

Der Anlass: Müntefering hatte überraschend bekannt gegeben, dass er im November erneut für den Parteivorsitz kandidieren wolle. Ein anderes Amt, etwa den Fraktionsvorsitz im Bundestag, strebe er nicht an, ließ er sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zitieren.

Der Partei fehlt es seit langem an Wählersympathie. Schon Münteferings Vorgänger Kurt Beck hatte die Partei in Rekordtiefen geführt und dies mit einem verstärkten Zugehen auf die sozial orientierten SPD-Parteilinken zu kompensieren versucht. Müntefering korrigierte diesen Kurs insofern, dass er für eine konsequente Abgrenzung zur konkurrierenden Linkspartei Oskar Lafontaines eintritt, schlug für den Wahlkampf aber auch Brücken zum linken Parteiflügel.

Nach dem Wahlverlust der Sozialdemokraten zur Europawahl vom vergangenen Wochenende ist nun auch Müntefering unter Druck, die Partei bis zur Bundestagswahl im September aus dem Umfragetief zu führen.

Das Europawahlergebnis der SPD – mit 20,8 Prozent das schlechteste bundesweite Abschneiden der Nachkriegsgeschichte – bezeichnete die Parteilinke Nahles als "Warnschuss, aus dem wir Konsequenzen zu ziehen haben". Zu viele Anhänger seien zu Hause geblieben. Sie müssten noch mehr von der Partei umworben werden, sagte sie der Zeitung.

Müntefering und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hatten das schlechte Ergebnis auch auf die geringe Wahlbeteiligung zurückgeführt und wollten keinen Zusammenhang zwischen dem Europa-Wahlergebnis und der Bundestagswahl im September sehen.

Nahles und Müntefering verbindet ein Konflikt, der nur offiziell als bewältigt gilt: Ihre Kandidatur als SPD-Generalsekretärin war 2005 der Grund dafür gewesen, dass Müntefering seine erste Amtszeit als Parteivorsitzender beendete. Er hatte seinen eigenen Kandidaten, den derzeitigen SPD-Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter Kajo Wasserhövel, damals im Parteipräsidium nicht durchsetzen können.

ZEIT ONLINE, tst, dpa, 12.6.2009 - 09:02 Uhr

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