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Die Kolonie "Colonia Dignidad" liegt knapp 400 Kilometer südlich von Santiago in Chile. Hier soll der Geheimdienst jahrelang Menschen gefoltert haben.

© dpa

Chile: Drei deutsche „Colonia-Dignidad“-Anführer verurteilt

In der deutschen Sektensiedlung "Colonia Dignidad" wurden jahrzehntelang Kinder missbraucht und politische Gefangene gefoltert. Nun wurden drei Anführer in letzter Instanz verurteilt.

Der Oberste Gerichtshof in Chile hat drei Führungsmitglieder der deutschen Sektensiedlung „Colonia Dignidad“ in letzter Instanz verurteilt. Die drei Männer seien wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung schuldig, erklärte das Gericht am Freitag auf seiner Internetseite. Kurt Schnellenkamp, Gerhard Mücke und Karl van den Berg sowie zwei frühere Geheimdienstmitglieder wurden zu Haftstrafen von jeweils fünf Jahren und einem Tag verurteilt. Damit erhöhte das Gericht die vorinstanzlichen Strafen um jeweils ein Jahr. Vier weitere Mitglieder der deutschen Sekte wurden freigesprochen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die „Colonia Dignidad“ eng mit dem Geheimdienst unter Diktator Augusto Pinochet zusammenarbeitete. Die Führungsriege der Siedlung und Geheimdienstagenten bildeten eine kriminelle Vereinigung, die systematisch Verbrechen beging. Die Anfang der 1960er Jahre vom Deutschen Paul Schäfer gegründete Kolonie diente während der Militärdiktatur (1973-1990) als Folterzentrum des Geheimdienstes.

Schnellenkamp und Mücke sitzen bereits wegen Beihilfe zur Vergewaltigung Minderjähriger und sexuellem Missbrauch im Gefängnis der zentralchilenischen Stadt Cauquenes. Dort wird auch Karl van den Berg seine Haftstrafe antreten. Die beiden ehemaligen Geheimdienst-Agenten sind ebenfalls bereits in Haft. Ursprünglich waren 2006 18 Personen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt worden. Nach Angaben des Forschungs- und Dokumentationszentrums Chile in Berlin waren darunter 14 Bewohner der „Colonia Dignidad“.

Der Sektenarzt Hartmut Hopp (Archivbild aus den 1980er Jahren) hatte sich nach Deutschland abgesetzt.
Der Sektenarzt Hartmut Hopp (Archivbild aus den 1980er Jahren) hatte sich nach Deutschland abgesetzt.

© Marcelo Hernandez/dpa

Sechs Angeklagte starben im Laufe der Verhandlungen, drei entzogen sich dem Prozess durch Flucht nach Deutschland, darunter auch der Sektenarzt Hartmut Hopp. Er war in Chile bereits wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Minderjährigen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Derzeit prüft das Landgericht Krefeld, ob das Urteil in Deutschland vollstreckt werden kann. (epd)

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