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Politik: Chile sucht deutschen Sektenchef Colonia-Dignidad-Arzt soll in Deutschland leben

Puebla - Chile hat von Deutschland die Auslieferung eines Führungsmitglieds der Sekte Colonia Dignidad beantragt. Wie aus Justizkreisen in Santiago de Chile verlautete, liegen den chilenischen Behörden Beweise vor, dass sich der Gesuchte, Hartmut Hopp, im Mai nach Deutschland abgesetzt hat, um der Verhaftung in Chile zu entgehen.

Puebla - Chile hat von Deutschland die Auslieferung eines Führungsmitglieds der Sekte Colonia Dignidad beantragt. Wie aus Justizkreisen in Santiago de Chile verlautete, liegen den chilenischen Behörden Beweise vor, dass sich der Gesuchte, Hartmut Hopp, im Mai nach Deutschland abgesetzt hat, um der Verhaftung in Chile zu entgehen. Dies ergebe sich unter anderem aus E-Mails Hopps. Der zuständige Richter leitete nun den Auslieferungsantrag an das Außenministerium in Santiago weiter, das ihn den deutschen Stellen übermitteln muss. Der 66-jährige Hopp war im Januar wegen Kindesmissbrauch zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, ihm war jedoch Haftverschonung gewährt worden. Nach seinem Verschwinden war ein internationaler Haftbefehl ergangen. Hopps Frau hatte sich im April nach Deutschland abgesetzt; seine Schwiegertochter bestätigte im Juni dem chilenischen Journalistenverband, dass sich auch ihr Schwiegervater in Deutschland aufhalte.

Hopp war Arzt und galt als die rechte Hand des verstorbenen Päderasten und Sektenchefs Paul Schäfer. Schäfer, der schon in Deutschland wegen Kindesmissbrauch mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, setzte sich 1961 nach Chile ab und gründete dort die Colonia Dignidad, einen „Staat im Staate“, wie der erste demokratische Präsident nach der Diktatur, Patricio Aylwin, zu sagen pflegte. In der Siedlung wurden auch Diktaturgegner gefoltert und Waffen gebunkert, die offenbar aus Deutschland stammten und mit Wissen deutscher Nachrichtendienste nach Chile geliefert wurden. Schäfer unterhielt gute Beziehungen zu Diktator Augusto Pinochet sowie den örtlichen Polizei- und Justizbehörden. Deshalb dauerte es auch noch nach Ende der Diktatur einige Jahre, bis die Behörden gegen ihn vorgingen – obwohl schon seit den 80er Jahren die finsteren Vorgänge in der Colonia Dignidad bekannt waren. Auch Amnesty International hatte darüber berichtet.

Von der Deutsche Botschaft drohte der Sekte aber nie Gefahr; BND und Auswärtiges Amt halten bis heute den Großteil der Akten unter Verschluss, wie aus einer kleinen Anfrage des Bundestags an die Regierung vom 1. Juli hervorgeht. In Bonn läuft seit den 80er Jahren ein Verfahren auch gegen Hopp. Eine Auslieferung nach Chile muss er als deutscher Staatsbürger nicht fürchten. Möglicherweise geht es ihm aber ohnehin vor allem um die Schwarzgelder der Sekte. Auf mindestens drei Millionen Dollar wird das ins Ausland transferierte Vermögen geschätzt. Hopp spielt dabei eine Schlüsselrolle. Sandra Weiß

Sandra Weiß

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