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Politik: „China und Indien tun noch gar nichts“

Der australische Außenminister Downer über den Klimawandel, seine Zweifel daran und die Rettung von Ländern vor sich selbst

Deutschland und Australien sind nicht gerade Nachbarn. Gibt es Felder, auf denen die beiden Länder zusammenarbeiten?

Ich habe mit der Entwicklungsministerin eine Absichtserklärung vereinbart für ein Waldprojekt in Indonesien. Dabei geht es nicht nur um den Schutz des Regenwaldes, was sehr schwer ist. Es soll auch um die Wiederaufforstung gehen. Denn wachsende Wälder können bedeutende Kohlenstoff-Speicher sein. Das bringt gute Entwicklungspolitik, gute Umweltpolitik und eine gute Politik gegen den Klimawandel zusammen.

Ich hoffe es geht nicht um die Anpflanzung von Palmölplantagen. Denn die sind neben der illegalen Holzfällerei der Grund, warum der Regenwald Indonesiens in galloppierendem Tempo verschwindet.

Wir haben noch gar nicht darüber nachgedacht, was das sein wird. Im April gibt es offizielle Gespräche darüber, um dann auch mit der indonesischen Regierung darüber zu sprechen.

Welche Verbindungen gibt es noch zwischen Australien und Deutschland?

Es kommen jedes Jahr etwa 50 000 Australier nach Deutschland, viele haben deutsche Wurzeln. Im Süden, wo ich herkomme, gibt es sogar deutsche Städtenamen. Die Deutschen haben den Weinbau nach Australien gebracht, eine Industrie, die sich sehr gut entwickelt hat. Wir exportieren Wein im Wert von drei Milliarden Australischen Dollar im Jahr.

Die deutschen Winzer müssen sich langsam an den Klimawandel anpassen. Rotweine gedeihen inzwischen besser als Weißweine. Bereiten sich auch die australischen Winzer auf den Klimawandel vor?

Das kann doch nicht wahr sein, am Rhein und an der Mosel. Das glaube ich nicht.

Sie können mir glauben, in den Weinbauverbänden ist das eine große Diskussion.

Dann wandert der Weißwein also nach Norden? Mehr Weißwein in Hamburg.

So könnte es kommen.

In Australien ist das kein Thema. Die Weinindustrie entwickelt sich bestens. Ich und meine Mutter besitzen selbst einen Weinberg. Wir bauen Weißwein an.

Aber auch Australien spürt die Auswirkungen des Klimawandels. Es leidet seit Monaten unter einer schweren Dürre.

Es stimmt, ein Teil des Landes, im Süden und Südosten leidet unter einer Dürre. Aber wir haben etwa alle zwanzig Jahre schwere Dürren, zuletzt in den frühen achtziger Jahren. Damals war Klimawandel noch kein Thema. Jetzt gibt es eine Diskussion, ob diese Dürre etwas mit dem Klimawandel zu tun hat. Aber das sind komplizierte Zusammenhänge, und man weiß vieles noch nicht. Diese Dürre wurde vermutlich von dem Klimaphänomen El Nino ausgelöst. Aber es gibt Befürchtungen, dass Australien in Zukunft noch häufiger unter Dürren leiden könnte. Wir wissen nicht, ob es so kommen wird. Betroffen wäre der Süden und damit die wichtigsten landwirtschaftlichen Flächen. Dafür könnte es im Norden und in der Mitte des Landes mehr regnen. Nur, da wohnt kaum jemand. Wir haben allerdings eine Diskussion darüber, ob der Norden Australiens nicht für eine tropische Landwirtschaft entwickelt werden sollte. Selbst wenn man dann das Risiko eingeht, dass auch wieder eine Periode globaler Abkühlung folgt.

Der UN-Klimarat hält das für eher unwahrscheinlich. Gibt es denn auch eine Diskussion darüber, wie sich Ihre Kohleindustrie an den Klimawandel anpasst?

Australien ist der weltgrößte Exporteur von Steinkohle – auch einer der größten nach Deutschland. 80 Prozent der Energie in der Welt werden aus kohlenstoffhaltigen Brennstoffen gewonnen. Das wird sich so schnell nicht ändern. Wir investieren deshalb viel Geld in die „saubere Kohle“. Dabei geht es darum, das bei der Verbrennung entstehende Kohlendioxid (CO2) einzufangen und in frühere Gas- oder Öllagerstätten zu verpressen. Wenn es uns gelänge, das CO2 bei unseren Kohlekraftwerken einzufangen, würden wir 40 Prozent unserer gesamten CO2-Emissionen einsparen. Allerdings würde das mit den existierenden Technologien den Strompreis um etwa 30 Prozent verteuern. Wenn das in Deutschland passieren würde, würde die Wirtschaft in eine Rezession stürzen, und ihre Regierung würde in die Opposition geschickt.

Da die zwei größten Parteien gemeinsam regieren, wäre das nicht so einfach.

Vielleicht wären sie nach der nächsten Wahl nicht mehr die zwei größten Parteien. Die Herausforderung ist, mit den CO2-Emissionen von Ländern fertig zu werden, die derzeit noch gar nichts tun. Länder wie China, Indien oder Indonesien. Deshalb haben wir im Rahmen der Asiatisch-Pazifischen Partnerschaft für saubere Energie und Klima, der auch die USA angehören, bilaterale Vereinbarungen mit China und Indien abgeschlossen. Aber das hat gerade erst angefangen. Das beste wäre ein neuer Vertrag, eine Art Kyoto-II-Abkommen, in dem sich alle Staaten zu einer Verminderung verpflichten. Aber es würde sehr lange dauern, so etwas auszuhandeln.

Einige kleine Inselstaaten im Pazifik befürchten, im Meer zu versinken.

Noch leben sie alle dort. Und nach den Berechnungen des UN-Klimarates könnte der Meeresspiegel um 59 Zentimeter bis 2100 steigen. Einige Inseln wachsen schneller in die Höhe als der Meeresspiegel steigt, andere nicht. Wir haben Meeresspiegel-Messstationen aufgebaut vor etwa 15 Jahren. Wir rechnen nicht damit, dass die Inseln verschwinden. Worunter diese Staaten leiden, sind wirtschaftliche Probleme, und dass sie oft schlecht und korrupt regiert werden. Wir versuchen zu helfen. Aber immer, wenn wir versuchen, etwas zu tun, wird uns vorgeworfen, wir wollten diese Länder übernehmen.

In der Region hat Australien auch Aufgaben als Friedenssicherer übernommen.

Es ist nicht einfach. Diese Idee, Länder vor sich selbst zu retten und beim Wiederaufbau zu helfen, ist unglaublich schwierig. In Osttimor haben wir immer noch 830 Soldaten. Im vergangenen Frühjahr, als dort die Krise ausbrach, waren es 1500. Wir haben auch Soldaten auf den Salomonen.

Akzeptiert die Bevölkerung die Einsätze, auch im Irak und in Afghanistan?

Es ist schwer. Die Australier sind zurückhaltend. Aber wenn man sie fragt, sollen wir abziehen, sagen sie, besser nicht. Denn was wäre denn die Folge? Wir haben 1400 Soldaten im Irak und 500 in Afghanistan allerdings im umkämpften Süden bei den Niederländern. Unsere Spezialeinheiten haben dort sehr heikle Aufträge übernommen. Die haben dort eine sehr schwere Zeit. Aber die Welt muss diese Probleme lösen, sie kann nicht davor davonlaufen. Wie selbstsüchtig sollte ein Land sein? Die Australier denken dann: Vielleicht sollten wir doch besser helfen, wenn auch ohne großen Enthusiasmus.

Das Interview führte Dagmar Dehmer.

Alexander Downer (55) ist seit 1996 Außenminister Australiens. Der konservative Politiker hat Osttimor auf dem Weg zur Unabhängigkeit geholfen. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.

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