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China: Wen Jiabao warnt vor neuer Krise

Wirtschaft, Klima, Menschenrechte – trotz internationaler Kritik predigt der Volkskongress Kontinuität.

Die größte Überraschung in Peking war am Sonntag wohl der erneute Wintereinbruch mit dichtem Schneefall. Während das Wetter Kapriolen schlug, beendete der Nationale Volkskongress seine diesjährige Sitzung ohne große Überraschungen. Wie erwartet, hat Chinas Parlament Arbeitsbericht und Haushalt der Regierung angenommen. Gravierende Reformen oder gar ein Richtungswechsel in der chinesischen Politik, so viel war vorher abzusehen, wurden nicht beschlossen. China setzt in allen wichtigen politischen Bereichen auf Kontinuität.

Im Mittelpunkt bleibt die Bekämpfung der globalen Wirtschaftskrise. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao warnte auf der Pressekonferenz zum Abschluss des Volkskongresses erneut vor Rückschlägen in der wirtschaftlichen Erholung der Welt. „Es wird das schwierigste Jahr für Chinas Wirtschaft“, sagte Wen. Dennoch strebt China ein Wachstum von acht Prozent an. Dafür greift die Regierung tief in die Tasche. Mit der Rekordverschuldung von 1,05 Billionen Yuan, umgerechnet 113 Milliarden Euro, will man die Krise in den Griff bekommen. Chinas Regierung setzt die bisherige Wirtschaftspolitik fort, und auch am Umgang mit der Währung des Landes dürfte sich nichts ändern. Forderungen nach einer Aufwertung des chinesischen Yuan wies Wen Jiabao erneut zurück. „Ich halte den Yuan nicht für unterbewertet“, erklärte der Regierungschef mit Blick auf die Kritik aus den USA und Europa.

Auch beim Klimaschutz geht die chinesische Regierung ihren bisherigen Weg unbeirrt weiter. Am Sonntag betonte Wen Jiabao, dass China in diesem Zusammenhang „weiter zu den Prinzipien der allgemeinen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten steht“. Klimaschutz ja, gemeinsame rechtlich bindende Ziele nein, heißt die unveränderte Position Chinas. Wen wiederholt die chinesischen Klimaziele, die eine Reduzierung der Treibhausgase im Vergleich zu 2005 bis zum Jahr 2020 um 40 bis 45 Prozent vorsehen. Die Regierung will die Klimaschutzmaßnahmen allerdings an die nationale Wirtschaftsleistung koppeln. Wenn es um Klimafragen geht, spielt die chinesische Regierung die Bedeutung des eigenen Landes gerne herunter. Dann begreift man sich als Entwicklungsland, das keinen Spielraum für weitergehende Maßnahmen zum Umweltschutz hat. Erneut wies Chinas Ministerpräsident jede Schuld am Scheitern der Klimaverhandlungen Ende 2009 in Kopenhagen zurück. Besonders China und die USA hatten sich gegen rechtlich bindende Vorgaben gesperrt. Erreicht wurde lediglich ein Minimalkonsens. Er sieht vor, den Anstieg der Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf maximal zwei Grad zu begrenzen.

Auch in der Menschenrechtsfrage ist nicht mit einem Umdenken der chinesischen Führung zu rechnen. Unbeirrt setzt man den harten Kurs gegenüber Bürgerrechtlern im eigenen Land fort. Letzte Zweifel daran zerstoben mit der Verhaftung der Aktivistin Mao Hengfeng, die zu Beginn der Woche bekannt wurde. Laut „Human Rights in China“ (HRIC) wurde die 48-jährige Mao wegen „Störung der sozialen Ordnung“ für eineinhalb Jahre in ein Umerziehungslager gebracht. Mao Hengfeng hatte während der Verhandlung gegen den Menschrechtler Liu Xiaobo am 25. Dezember 2009 vor dem Gerichtsgebäude protestiert. Laut ihrem Ehemann hatte sie gerufen: „Dieses Land hat keine Achtung vor den Menschenrechten und keine Achtung vor dem Gesetz.“ Trotz internationaler Proteste war Liu Xiaobo wegen „Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt“ zu elfjähriger Haft verurteilt worden. „Die Umerziehungslager sind eine äußerst problematische Form der Bestrafung, die zum Missbrauch einlädt. Die Polizeibehörden können chinesische Bürger einfach für längere Zeit wegsperren, ohne dass es ein Gerichtsverfahren gegeben hat“, sagt Sharon Hom, Leiterin von HRIC. Der Eindruck, dass sich die Menschenrechtslage in China in letzter Zeit eher verschlechtert hat, verfestigt sich. In dem aktuellen Bericht der US-Regierung zur Lage der Menschenrechte heißt es, „die Menschenrechtsbilanz der chinesischen Regierung bleibt schlecht und verschlimmerte sich in einigen Bereichen“. In der Kritik stehen die Verfolgung von Bürgerrechtlern, die Internetzensur und auch das chinesische Vorgehen in Tibet und gegen die uigurische Minderheit.

Dass der Kurs Chinas in der internationalen Gemeinschaft nicht gerade auf Gegenliebe stößt, hat man schon seit längerem etwas beleidigt zur Kenntnis genommen. Die eigentliche Konstante in Chinas Politik ist, dass man sich um Kritik aus dem Ausland wenig kümmert.

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