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Politik: China will umweltfreundlich wachsen

Volkskongress tagt in Peking / Regierung warnt Taiwan vor Unabhängigkeit – und erhöht den Militäretat

China strebt ein energieeffizienteres und umweltfreundlicheres Wirtschaftswachstum an. Dies sagte Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao zum Auftakt der diesjährigen Tagung des Volkskongresses, auf dem die Pekinger Führung die politische und wirtschaftliche Richtlinie für das Jahr bekannt gibt. Chinas Wirtschaft sei geprägt von „hohem Energieverbrauch und schwerer Umweltverschmutzung“ sagte Wen im Rechenschaftsbericht seiner Regierung. Peking stehe daher zu seinem Ziel, die Energieeffizienz bis 2010 um 20 Prozent zu steigern.

Wen kündigte auch eine Steigerung der Sozial- und Bildungsausgaben für die Landbevölkerung an, die bislang kaum vom Aufschwung profitieren konnte. 391,7 Milliarden Yuan (39 Milliarden Euro) sollen dafür 2007 zur Verfügung gestellt werden, 15,3 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. insgesamt wird Chinas Staatshaushalt 2007 um 14,4 Prozent wachsen, mehr als die Wirtschaft. Bereits am Wochenende war bekannt gegeben worden, dass auch die Militärausgaben um 17,8 Prozent auf 347 Milliarden Yuan (34 Milliarden Euro) ansteigen werden – was Taiwans Verteidigungsministerium umgehend als eine Gefahr für „den Frieden und die Stabilität in Asien“ kritisierte.

China konterte sogleich und verurteilte die Pläne von Taiwans Präsident Chen Shui-bian, eine Unabhängigkeit des Inselstaates anzustreben. Sollte Chen versuchen, den Status von Taiwan zu ändern, werde er als „Verbrecher in die Geschichte eingehen“, sagte Außenminister Li Zhaoxing am Montag in Peking und drohte indirekt militärische Konsequenzen an. Taiwans Präsident hatte am Sonntag in einer Rede die Eckpunkte einer neuen Politik vorgelegt. „Taiwan muss die Unabhängigkeit anstreben, muss seinen Namen ändern, muss eine neue Verfassung bekommen und Entwicklung anstreben“, erklärte Chen.

Chinas Außenminister Li wies Chens Rede mit scharfen Worten zurück. „Hört nicht auf die lokalen Führer“, sagte Li taiwanesischen Reportern. Peking betrachtet Taiwan seit 1949 als eine abtrünnige Provinz und hatte in der Vergangenheit mit Militärgewalt gedroht, falls sich die Insel offiziell für unabhängig erklären sollte. Zeitungsberichten zufolge verwies Li auf das Antiabspaltungsgesetz, „das nicht außer Acht gelassen werde“. Das Gesetz sieht einen automatischen Kriegseinsatz vor, falls Taiwan sich offiziell für unabhängig erklärt oder Schritte in diese Richtung unternimmt.

Der Streit um Taiwan gehört zum jährlichen Ritual des Volkskongresses. Chen Shui-bian hatte in den vergangenen Jahren mehrfach die Aufmerksamkeit vor dem Großereignis in Peking genutzt, um die Politik einer Statusänderung Taiwans zu testen. Peking hatte stets mit Säbelrasseln reagiert. An dem Status quo zwischen Peking und Taipeh änderte sich jedoch nichts.

Chens neuster Vorstoß geht jedoch weiter als bisher und dürfte in der Region und in den USA, Taiwans wichtigstem Verbündeten, Aufmerksamkeit erregen. Doch Chen hat nichts mehr zu verlieren, er ist wegen einer Korruptionsaffäre in seiner Familie politisch in Bedrängnis geraten und scheidet im nächsten Jahr ohnehin aus dem Amt. Mit seiner Forderung nach Unabhängigkeit und einer Verfassungsänderung widerrief er ein Versprechen, dass er bei seinem Amtsantritt 2000 gegeben hatte.

Beobachter halten eine Eskalation des Streits jedoch für unwahrscheinlich. Peking wird es ein Jahr vor den Olympischen Spielen kaum auf eine Konfrontation mit Taipeh ankommen lassen. Zudem lehnt die Mehrheit der Taiwanesen Umfragen zufolge eine Statusänderung ab. Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao bot Taiwan am Montag einen Dialog mit Vorbedingungen an. Unter der Anerkennung des „Ein-China-Prinzips“ sei Peking zu einer raschen Aufnahme von Verhandlungen mit Taiwan bereit, sagte Wen im Rechenschaftsbericht seiner Regierung.

Harald Maass[Peking]

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