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Der blinde chinesische Menschenrechter Chen auf einem Archivbild.

© Reuters

China: Zu Fuß in die Freiheit

Der blinde chinesische Bürgerrechtler Chen Guangcheng ist aus seinem Hausarrest geflüchtet – und sorgt sich um seine Familie.

Seine größte Sorge gilt jetzt seinen Angehörigen. „Ich bin jetzt frei“, sagt der blinde chinesische Menschenrechtsaktivist Chen Guangcheng in einer Videobotschaft auf Youtube, „aber ich sorge mich um meine Familie, meine Mutter, meine Frau und mein Kind.“ Schon früher seien sie von Parteioffiziellen und Bewachern geschlagen worden, der Augenhöhlenknochen seiner Frau sei gebrochen , seine Mutter zu Boden gestoßen worden. Nun fürchtet Chen Guangcheng: „Die Rache könnte furchtbar sein.“

Der bekannte chinesische Bürgerrechtler Chen Guangcheng ist am Sonntag aus seinem 16 Monate andauernden Hausarrest in seinem Heimatort Dongshigu in der Provinz Shandong geflüchtet. Das hat die Menschenrechtsorganisation China- Aid am Freitag unter Berufung auf Fluchthelfer bestätigt. Er sei „zu 100 Prozent sicher in Peking“, berichtete China-Aid, außerdem gebe es Spekulationen, wonach er in die dortige US-amerikanische Botschaft geflüchtet sei. Die US-Botschaft gab am Freitag keinen Kommentar ab. Sollte sich einer der wichtigsten chinesischen Aktivisten tatsächlich dort befinden, könnte das die schwierigen Beziehungen zwischen den USA und China weiter belasten.

Chen Guangcheng ist offenbar am Sonntag in einem günstigen Moment über die Mauer seines streng bewachten Hauses geklettert. Das berichtete die Menschenrechtsaktivistin He Peirong gegenüber der „Times“. Anschließend sei der blinde Mann stundenlang zu Fuß durch die Gegend gelaufen, ehe er He Peirong telefonisch alarmierte. Sie hätten ihn an einen sicheren Ort gebracht, sagte die Menschenrechtsaktivistin aus Nanjing, die inzwischen offenbar verhaftet ist. Bob Fu, Präsident von China-Aid, erzählt, er habe mit ihr auf Skype gesprochen, als sie plötzlich sagte, die Staatssicherheit sei in ihrem Haus. Seitdem ist sie nicht mehr zu erreichen.

Auch Chen Guangchengs Bruder und sein Neffe sind am Donnerstag verhaftet worden, nachdem der Ortschef mit einer Schlägertruppe in ihr Haus eingedrungen war und sie bedroht hatte. Der Neffe Chen Kegui wehrte sich mit zwei Messern und verletzte zwei Eindringlinge, wie er telefonisch einer Journalistin erzählte. Anschließend stellte er sich der Polizei.

Chen Guangcheng verlor im Alter von sieben Jahren sein Augenlicht nach einem hohen Fieber. Nachdem er sich Jura autodidaktisch beigebracht hatte, setzte er sich für Opfer von Zwangsabtreibungen ein und beriet die Einwohner seines Dorfs in Rechtsfragen. Im September 2006 wurde er wegen „Sachbeschädigung und Organisation einer Verkehrsblockade“ zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, seit seiner Entlassung im September 2010 stand er unter ungewöhnlich strengem Hausarrest.

In seinem nach der Flucht veröffentlichten Video beklagt sich Chen Guangcheng über den „brutalen und unmenschlichen“ Hausarrest und fordert Chinas Premierminister Wen Jiabao auf, die Verantwortlichen dafür zu bestrafen. „Niemand hat mir je dafür eine rechtliche Bescheinigung gezeigt.“ Trotz allem wolle Chen Guangcheng das Land nicht verlassen, berichtet Bob Fu von China-Aid.

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