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Robert Habecks Grüne verfolgen eine schärfere Politik gegenüber Peking als Olaf Scholz’ SPD.

© dpa/Kay Nietfeld

Warnung vor China-Angriff auf Taiwan: Richtige Botschaft, falsch formuliert

Der Wirtschaftsminister hat eine China-Strategie samt Taiwan-Warnung erarbeitet. Das ist gut – Deutschland muss unabhängiger werden. Aber ein Überfall ist keineswegs unabwendbar.

Ein Kommentar von Cornelius Dieckmann

Es gibt Zahlen, die sich einprägen, und irgendwann hinterfragt man sie nicht mehr. 2027 ist so eine Zahl. Bis dahin will China seine Armee modernisiert haben, dazu gehört die theoretische Fähigkeit, Taiwan zu erobern. Diese Gefahr ist real – und sie wächst. Es wäre eine humanitäre und weltwirtschaftliche Katastrophe, wenn es so käme. Aber es muss nicht so kommen.

Auch angesichts von Pekings martialischem Auftreten gegenüber dem Nachbarland hat Robert Habecks Wirtschaftsministerium jetzt eine eigene China-Strategie erarbeitet, wie das Portal „The Pioneer“ berichtet. Das ist gut und konsequent, denn deutsche China-Politik war jahrzehntelang effektiv Konzern- und Profitpolitik. Große Abhängigkeiten sind die Folge, Tendenz steigend. Aus keinem Land importiert Deutschland mehr. Dass Peking sich nicht an Wettbewerbsregeln hält und Staaten mittels Wirtschaftsmacht erpresst, ist bekannt – und die von Habeck angestrebte Diversifizierung die richtige Antwort.

Fatal ist es hingegen, einen Überfall auf Taiwan „bis 2027“ als unabwendbares Schicksal zu betrachten, wie die Beamten im Wirtschaftsressort es laut „Pioneer“ tun. Ein Denkfehler, der nicht nur Formsache ist (das Risiko besteht, ob der militärischen Tatsachen, wohl eher ab denn bis 2027).

Es gibt in der Weltpolitik keine Unvermeidbarkeiten. Krieg ist kein Fatum. Wer das verbreitet, samt buchstäblicher Deadline für das demokratische Taiwan, denkt an Schadensbegrenzung statt Prävention. Das kann nicht das Ziel sein.

Etliche militärische, wirtschaftliche und soziale Faktoren innerhalb Chinas komplizieren bereits einen potenziellen Überfall auf Taiwan. Externe Abschreckung kann ihn verhindern. Die bei Weitem größte Rolle spielen die USA, doch Deutschland ist als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt kein Fliegengewicht für die Volksrepublik.

Um es klar zu sagen: Ja, Deutschland sollte auf eine Taiwan-Invasion vorbereitet sein, aber sie nicht als gegeben akzeptieren. Dazu gehört, sich politisch in eine Position zu bringen, in der Peking Berlin wirtschaftlich nicht in der Hand hat, etwa indem man deutschen Firmen Investitionsgarantien verweigert und chinesische kategorisch von kritischer Infrastruktur ausschließt. Dass Habeck auf diese Schritte drängt, ist zu begrüßen. Ebenso, dass er kürzlich seine Staatssekretärin Franziska Brantner nach Taiwan schickte.

Aber Abhängigkeiten von China abbauen, weil es den Inselstaat sowieso früher oder später angreifen werde? Die Botschaft ist richtig – aber falsch formuliert.

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