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Politik: Chirac-Besuch: Wie viel Europa hätten Sie denn gern? (Kommentar)

Nicht in Paris, sondern in Berlin bringt Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac seine Ideen zur Zukunft Europas unters Volk. Das ist zunächst einmal eine Geste des Vertrauens - in das wiedervereinigte Deutschland und in das Funktionieren des deutsch-französischen Motors.

Nicht in Paris, sondern in Berlin bringt Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac seine Ideen zur Zukunft Europas unters Volk. Das ist zunächst einmal eine Geste des Vertrauens - in das wiedervereinigte Deutschland und in das Funktionieren des deutsch-französischen Motors. In Zeiten, in denen sich die Mitarbeiter der Außenministerien in Berlin und Paris täglich über die Europapolitik austauschen, mag man über den Sinn von Staatsbesuchen streiten. Aber mit der Deutschland-Visite Chiracs verbindet sich eine hochpolitische Botschaft: Zehn Jahre nach der Währungsunion soll es aus französischer Sicht keinen Zweifel mehr daran geben, dass es keine "deutsche Frage", sondern bestenfalls nur noch eine "europäische Frage" gibt - und die wollen Paris und Berlin gemeinsam lösen. Chirac ist auch daran gelegen, die Erinnerung an die Visite seines Vorgängers François Mitterrand im Dezember 1989 in Ost-Berlin zu tilgen. Frankreich will die deutsche Wiedervereinigung bremsen - das war damals die Botschaft von Mitterrands seltsamer Reise. Meinen aber Deutschland und Frankreich inzwischen wirklich dasselbe, wenn sie über Europa sprechen? Außenminister Fischer möchte die ganze Debatte über Deutschlands gebrochenes Verhältnis zum Nationalstaat am liebsten beenden. So billig werden ihn die Franzosen aber nicht davonkommen lassen. Seine Idee einer europäischen Föderation stößt bei Frankreichs Politikern jedenfalls auf wenig Gegenliebe.

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