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Zuletzt gab es in Berlin einen spektakulären Crystal-Meth-Fund.

© dpa

Chlorephedrin: Sachsen und Bayern wollen Crystal-Meth-Substanz verbieten

Im Kampf gegen Crystal Meth wollen Sachsen und Bayern europäisches Recht ändern. Sie fordern, den Handel mit dem Grundstoff Chlorephedrin zu beschränken. Doch der steckt auch in Hustensaft.

Die Verbreitung von Crystal Meth in Deutschland steigt immer weiter. Vor allem in Sachsen und Bayern ist das der Fall, was viel mit der geographischen Lage zu tun hat. Vom Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien aus überschwemmt das Methamphetamin den deutschen Markt. Doch längst geht es nicht mehr nur um die fertige Droge, sondern auch ihre Bestandteile. Schon länger fordern die beiden Bundesländer deshalb, Chlorephedrin, einen Hauptbestandteil der synthetischen Droge, in die europäische Grundstoffüberwachung aufzunehmen.

Bereits im März schrieben die Justizminister von Sachsen und Bayern diesbezüglich einen Brieg an das Bundesgesundheitsministerium. Getan hat sich bis jetzt jedoch wenig. Mit fatalen Folgen: „Damals ging es um Kilomengen“, sagt Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU), „jetzt reden wir schon über Tonnen.“ Gemkow wirbt zurzeit in Prag um Unterstützung für eine europaweite Initiative. Auch sein bayerischer Amtskollege Winfried Bausback (CSU) sieht dringenden Handlungsbedarf: „Bei der Bekämpfung der Crystal-Kriminalität dürfen keine Strafbarkeitslücken entstehen."

Auch Bausback will die Grundstoffüberwachung nicht nur auf Deutschland beschränken. Er mahnt dringend „eine entsprechende Regulierung zumindest europaweit“ an. Seine Länderkollegen halten sich bei dem Thema jedoch zurück. Gerade in den westlichen Ländern ist in Sachen Crystal Meth „der Leidensdruck schlicht zu klein“, sagt Gemkow. Der Sprecher der Bundesdrogenbeauftragten bestätigt eine „jahrelange Linie, das Problem nicht überzubetonen“, die erst langsam aufbreche.

Prozesse gegen Schmuggler sind schwierig

Aufgeschreckt hat die Justiz zuletzt vor allem die Blamage um einen Leipziger Großhändlerring. So musste das Landgericht Leipzig einen 33-jährigen Pharmahändler und seinen 46-jährigen Komplizen Ende Juni ziehen lassen. Die Männer hatten dem Zoll einen Rekordfund von 2,9 Tonnen des Crystal-Grundstoffs Chlorephedrin beschert. Doch der Prozess gegen die Schmuggler ist geplatzt, weil man nicht eindeutig feststellen konnte, dass das Chlorephedrin für Drogen bestimmt war. Der Stoff steckt auch in vielen legalen Pharma-Produkten wie Hustensaft.

Zudem ist der Handel mit Chlorephedrin nicht strafbar. Der Stoff kommt meist aus polnischen Apotheken und wird dann in illegalen tschechischen Laboren verarbeitet. Diese Giftküchen auszuheben ist praktisch unmöglich. „Wo eine auffliegt, stehen bald zwei neue“, sagt Thomas Zimmermann vom Zoll in Zittau. 2014 beschlagnahmte der Zoll insgesamt 73 Kilogramm der fertigen Droge. Viele gehen davon aus, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Thomas Liebel, Chef der Zoll- und Finanzgewerkschaft, vermutet, dass an die zehn Tonnen im Jahr ins Land kommen. Der Kleinhandel sei längst in „Schwerstkriminalität mit mafiöser Struktur“ übergegangen.

Sachsen meldete 2014 fast 5000 Verstöße mit Crystal Meth. In gleichem Maße wie in Berlin die Rauschgiftdelikte mit Heroin und Kokain zurückgegangen sind, haben die mit Methamphetamin zugenommen. Erst zuletzt gab es einen riesigen Fund in der Hauptstadt. Der Zoll spricht längst von einem bundesweiten Phänomen. Auch in Ostbrandenburg werden die Crystal-Funde öfter und größer, ebenso in den Metropolregionen in Nordrhein-Westfalen. Die Zollfahndung hat 2013 zwei Sonderkommissionen für Crystal eingerichtet, eine in Dresden, eine weitere im bayerischen Weiden. 24 Beamte machen hauptberuflich Jagd auf Schieber und Dealer. Das sei dringend nötig, sagt Zollfahnder Liebel, „sonst haben wir bald sächsische Zustände in Städten wie Hamburg und Berlin.“

Christine Keilholz

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