zum Hauptinhalt
Ägyptische Tageszeitungen veröffentlichen ein Bild des mutmaßlichen Attentäters, dessen Gesicht rekonstruiert wurde. Foto: Katharina Eglau

© Katharina Eglau, Winterfeldtstr.

Politik: Christmette unter Polizeischutz

Kopten in Ägypten und weltweit begehen das orthodoxe Weihnachtsfest im Zeichen der Trauer / Papst spricht Kirchen Mut zu 

Begleitet von beispiellosen Sicherheitsvorkehrungen begeht die koptische Kirche in Ägypten am Freitag ihr diesjähriges Weihnachtsfest. Knapp eine Woche nach dem Selbstmordanschlag auf Kirchgänger zogen am Donnerstag in Kairo und Alexandria Großaufgebote von Polizei und Militär auf. Vor den Kirchen wurden Autos abgeschleppt und Metallsperren aufgebaut. Alle Besucher der Christmetten am späteren Abend mussten sich mit Metalldetektoren absuchen lassen und ihre Ausweise vorzeigen. Sprengstoffhunde waren im Einsatz – seit dem Terroranschlag in der Neujahrsnacht mit bisher 23 Toten befindet sich Ägypten im Ausnahmezustand. Als Zeichen der Trauer hatte der koptische Papst Shenouda III. für den 1. Weihnachtstag am Freitag alle Gottesdienste und Feiern in den rund 2000 Gemeinden des Landes abgesagt. Einzig die Christmetten finden statt, die in der Regel bis nach Mitternacht dauern. Shenouda III. selbst zelebriert den Gottesdienst in der Kathedrale von Kairo.

Denn nicht nur die koptische Kirche, auch viele Muslime und die ägyptische Staatsführung fürchten, dass dem Massaker, das bisher 23 Tote forderte, weitere folgen könnten. Angesichts dieser Gefahr riefen in den letzten Tagen prominente Muslime zur Solidarität mit den Christen auf und kündigten an, sich an Weihnachten vor koptischen Kirchen als menschliche Schutzschilde aufzustellen. Ihre Aktion wurde vom Innenministerium sofort verboten. Auch mehrere Dutzend muslimische Intellektuelle, die zuvor am Talaat-Harb-Platz im Stadtzentrum eine stumme Vigil mit Kerzen veranstalten wollten, wurden von Einheiten der Sonderpolizei in eine Nebenstraße abgedrängt. Vielen Teilnehmern nahmen Zivilbeamte ihre Handys und Fotoapparate ab, als sie das rüde Vorgehen der Sicherheitskräfte dokumentieren wollten. Bei den Demonstrationen der letzten Tage in dem von vielen Christen bewohnten Vorort Schubra wurden ausschließlich Muslime verhaftet, die ihre Solidarität zeigen wollten. Acht jungen Mitgliedern des Oppositionsbündnisses 6. April wurde bereits 48 Stunden nach ihrer Festnahme der Prozess gemacht wegen „Angriffen auf die Polizei, Störung der öffentlichen Ordnung und Sabotage“. Koptische Demonstranten dagegen blieben bisher unbehelligt.

Anders als die westlichen Kirchen, feiern die Kopten ihr Weihnachtsfest erst am 7. Januar, dem 29. Tag ihres Monats Khoiak. Die Kirche am Nil folgt einem eigenen Kalender, der auf die altägyptische Zeit zurückgeht.

Unterdessen veröffentlichten die Ermittler am Mittwochabend ein erstes Fahndungsfoto des mutmaßlichen Täters, das am nächsten Tag auf allen Titelseiten der Zeitungen erschien. Es zeigt einen Mann mittleren Alters mit schwarzen Haaren und einer auffällig breiten Nase. Das Gesicht war von Spezialisten rekonstruiert worden, nachdem man einen der abgerissenen Köpfe am Explosionsort keinem Opfer zuordnen konnte. Wer hinter dem Anschlag steht, blieb aber auch am Donnerstag unklar.

Papst Benedikt XVI. hat am Dreikönigstag den Ostkirchen, zu denen auch die ägyptischen Kopten zählen, Mut zugesprochen. „Ich richte mein Herz und meinen Gruß an die Brüder und Schwestern der Ostkirchen, die morgen ihr Weihnachten feiern“, sagte das katholische Kirchenoberhaupt nach der traditionellen Dreikönigsmesse am Donnerstag in Rom. „Die in Jesus erschienene Güte Gottes möge den auf die Probe gestellten Gemeinden beistehen.“

Die koptische Gemeinde in Chatenay-Malabry bei Paris verweigert einer Delegation des französischen Islamrates die Teilnahme an ihrer Weihnachtsmesse. Die vom Islamratspräsidenten Mohammed Moussaoui als Zeichen der Solidarität angekündigte Teilnahme könne von den Gläubigen falsch aufgefasst werden, sagte der Geistliche der Gemeinde, Girguis Lucas, dem Fernsehsender „France24“. Allerdings habe er nichts dagegen, dass Moussaoui vor Beginn des Gottesdienstes der Gemeinde sein Beileid ausspreche. An dem Weihnachtsgottesdienst sollen laut „Europe1“ auch der französische Innenminister Brice Hortefeux und der katholische Bischof von Nanterre, Gérard Daucourt, teilnehmen. Die koptische Gemeinde von Chatenay-Malabry war als mögliches Anschlagsziel in Frankreich genannt worden. In Frankreich leben rund 45 000 Kopten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false