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Menschen stehen an der Gedenkstätte für das Attentat am Breitscheidplatz.

© imago/IPON

„Chronologie lücken- und fehlerhaft“: Grüne werfen Bundesregierung Blockadehaltung im Fall Amri vor

Die Grünen machen der Bundesregierung im Fall Anis Amri massive Vorwürfe: Sie halten ihr vor, die Rolle der Bundesbehörden bei dem Attentat kleinzureden.

Knapp anderthalb Jahre nach dem Start des Untersuchungsausschusses Breitscheidplatz machen die Grünen der Bundesregierung massive Vorwürfe. Sie halten ihr vor, die Aufklärung zu behindern und die Rolle der Bundesbehörden bei dem Attentat kleinzureden. Die Rede ist von einer „Blockadehaltung“. Der Anlass: Auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die dem Tagesspiegel vorliegt, antwortete die Regierung, sie sehe keinen Grund, die Chronologie zum Behördenhandeln im Fall Amri zu aktualisieren. Diese wurde zuletzt im Februar 2017 – zwei Monate nach dem Anschlag – auf Stand gebracht. „Aus heutiger Perspektive ist sie lücken- und fehlerhaft“, sagt Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Dass die Bundesregierung bis heute am damaligen Kenntnisstand festhalte sei „absurd“. Man wisse heute, dass Amri und sein Umfeld „von V-Leuten aus Bund und Ländern quasi umstellt war“. Auch die These, dass Anis Amri ein Einzeltäter sei, lasse sich nicht mehr aufrechterhalten.

So wurde mittlerweile bekannt, dass Amri ursprünglich mit Komplizen Anschläge in mehreren Städten plante - sie wollten in Berlin, Paris und Brüssel gleichzeitig angreifen. Fraglich ist auch noch immer, warum der Amri-Freund Bilel Ben Ammar, mit dem der Attentäter bis kurz vor der Tat in Kontakt stand, bereits anderthalb Monate nach der Tat abgeschoben wurde. Er war mindestens ein wichtiger Zeuge, wenn nicht sogar Unterstützer Amris. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gab an, es habe keine Möglichkeit gegeben, Ammar in Haft zu behalten. Daran gibt es in der Opposition massive Zweifel. Die Grünen wollten zudem wissen, wann und wie sich die Spitze des Bundesinnenministeriums mit der Abschiebung von Ben Ammar befasst hat. Die Bundesregierung erklärte daraufhin, die zuständige Staatsekretärin Emily Haber habe sich am 25. Januar 2017 um eine schnelle Ausstellung von Reisedokumenten für Ammar beim tunesischen Botschafter bemüht.

Aus einem Mailverkehr, der dem Tagesspiegel vorliegt, geht aber hervor, dass Haber aber schon mindestens zehn Tage früher entschieden haben muss, dass Ammar abgeschoben werden soll. Auch im Untersuchungsausschuss war das bereits Thema. „Es gab also den klaren politischen Willen, bewusst darauf zu verzichten, seine Rolle beim Anschlag auf dem Breitscheidplatz zu aufzuklären“, kritisiert die Grünen-Obfrau im Ausschuss, Irene Mihalic.

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