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CIA-Affäre: Ex-Diplomat: Deutsche Verbindung zu Folter-Verhören

Nach Angaben eines britischen Ex-Botschafters soll der deutsche Geheimdienst unter Folter erpresste Informationen von Gefangenen in Usbekistan erhalten haben. Deutsche Abgeordnete fordern eine rasche Aufklärung der Vorwürfe.

Brüssel/Berlin - Der Ex-Diplomat Craig Murray erklärte im CIA-Untersuchungsausschuss in Brüssel, die usbekische Geheimpolizei habe Häftlinge brutal zu Geständnissen gezwungen und diese Aussagen an den US-Geheimdienst CIA weitergeleitet, der wiederum den britischen MI 6 informierte. Das wisse er aus seiner Tätigkeit als Botschafter in Taschkent in den Jahren 2002 bis 2004. Auch der deutsche und der usbekische Geheimdienst hätten eng zusammengearbeitet. «Deutschland hat sicherlich auch Erkenntnisse von den Usbeken bekommen, auch unter Folter gewonnene», meinte Murray.

«Wenn dies wahr ist, müssen ernste Fragen beantwortet werden», sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler zur Zusammenarbeit der Usbeken mit CIA und britischem Geheimdienst. «Dies betrifft nicht nur Großbritannien», fügte er hinzu. Der FDP-Abgeordnete Alexander Alvaro äußerte sich «geschockt» über die Angaben: «Herr Murray hat ganz klar herausgestellt, dass im Wege der Folter erlangte Informationen durch deutsche Behörden verwendet worden sind.»

Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele forderte eine vollständige Aufklärung der Vorwürfe. «Diese Aufklärung darf nicht etwa nur in geheimer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums erfolgen, sondern muss öffentlich und rückhaltlos gegenüber dem gesamten Bundestag und der Bevölkerung gegeben werden.» Der FDP-Innenpolitiker Max Stadler sagte in Berlin, Europa-Parlament und Bundestag müssten in dieser Sache eng zusammenarbeiten.

Auf die Frage, welche Geheimdienste außer CIA und MI 6 enge Kontakte zu den Usbeken unterhielten, sagte Murray im Ausschuss: «Die einzige Botschaft, von der ich weiß, dass sie dort voll geheimdienstlich zusammenarbeitet, ist die deutsche Botschaft.» Zu seiner Zeit als Botschafter in Taschkent seien «viele Beamte der deutschen Botschaft sehr unglücklich» darüber gewesen.

Die CIA habe Gefangene aus Afghanistan gezielt nach Usbekistan gebracht: «Weil man Aussagen haben wollte, die durch Folter erwirkt wurden, gab es dieses Überstellungsprogramm», sagte Murray. Seines Wissens seien aber weder Europäer nach Usbekistan geflogen worden, noch hätten westliche Geheimdienstler an den Verhören teilgenommen. Er habe aber «viele schlimme Fälle von Folter mitbekommen».

Er wisse von einem Gefangenen, der bei einem Verhör durch siedendes Wasser zu Tode gekommen sei. Die Geheimpolizei habe anderen die Genitalien verstümmelt oder sie im Beisein Angehöriger mit Gegenständen «homosexuell vergewaltigt», sagte Murray. «Ich habe die Wunden gesehen. Ich habe mit Menschen gesprochen, die gefoltert wurden», sagte der Ex-Botschafter.

Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen hätten die Folterungen in Usbekistan beschrieben. «Das ist ein echter Polizeistaat im stalinistischen Sinne», sagte Murray. Nachdem er in internen Berichten mehrfach gegen die Rolle seines Landes dabei protestiert habe, sei er aus dem diplomatischen Dienst entlassen worden, berichtete der Brite.

Europas Anti-Terror-Beauftragter Gijs de Vries sagte den Abgeordneten, er habe keine Beweise für eine Hilfe europäischer Länder bei illegalen Überstellungen von CIA-Gefangenen. Das federführende Ausschussmitglied Claudio Fava nannte de Vries' Aussage daraufhin «völlig nutzlos, sinnlos». Der von den EU-Staaten eingesetzte Koordinator bezweifele sogar Fälle, die längst von der Justiz, Zeugen, Opfern und früheren CIA-Beamten bestätigt seien. (tso/dpa)

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