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Politik: Clements grüne Seite: Freundlichkeiten für Bärbel Höhn, die offenbar das Düsseldorfer Umweltministerium verlassen will

Als Peer Steinbrück seinen kleinen Vortrag beendet hatte, herrschte für einen Moment Schweigen in der Runde. "Wenn ich nur die Anmeldungen meiner Kollegen zusammenzähle", hatte der amtierende Düsseldorfer Finanzminister den versammelten Koalitionären vorgerechnet, "muß ich die Nettoneuverschuldung auf zwölf Milliarden Mark hochfahren".

Als Peer Steinbrück seinen kleinen Vortrag beendet hatte, herrschte für einen Moment Schweigen in der Runde. "Wenn ich nur die Anmeldungen meiner Kollegen zusammenzähle", hatte der amtierende Düsseldorfer Finanzminister den versammelten Koalitionären vorgerechnet, "muß ich die Nettoneuverschuldung auf zwölf Milliarden Mark hochfahren". Bevor der eine oder andere Zwischenfragen stellen konnte, hatte er hinzugefügt, dass bei dieser Rechnung noch nicht einmal die Effekte der Steuerreform berücksichtigt waren, die Lasten aus dem Zwangsarbeiterfonds hatte er ebenfalls ausgeklammert. Was der Finanzminister dachte, mußte er nach diesen Zahlen nicht mehr aussprechen. "Die träumen", hatte er intern ausgerufen, aber immerhin spürte er jetzt, dass seine Zahlen die roten und grünen Unterhändler nachdenklich machten.

Beide Seiten haben diese schonungslose Bestandsaufnahme zu Beginn der Gespräche gewünscht. "Wir müssen wissen, was geht und was nicht geht", sagte Bärbel Höhn. Und Wolfgang Clement lag ganz auf einer Linie mit seiner augenblicklichen Umweltministerin: "Wir wollen zu Beginn Klarheit darüber, wie wir den Neuanfang finanzieren und politisch gestalten können". Für diese Sätze sind die beiden nach dem ersten Vorgespräch am Sonnabend sogar gemeinsam zu den Journalisten gegangen, die gut drei Stunden im Foyer der Düsseldorfer Staatskanzlei ausgeharrt hatten. Bärbel Höhn lächelte immerzu, ihr Gesichtsausdruck war ganz anders als in den vergangenen Tagen, als sie reichlich angestrengt blickte.

Im Laufe der Woche war viel über die grüne Frontfrau spekuliert worden. Eine Million an Stimmen hatte die rot-grüne Koalition verloren und Wolfgang Clement schien das so mächtig zu beeindrucken, dass die Grünen ihn schon im sozial-liberalen Lager wähnten. Als Clement sich dann nicht nur mit Jürgen Möllemann traf, sondern ihn auch noch freundlich vor den Augen der Öffentlichkeit aus der Staatskanzlei verabschiedete, giftete Bärbel Höhn: "Wenn er mit uns nicht mehr reden will, soll er das sagen, dann sparen wir uns die Zeit." Selbst Michael Vesper, üblicherweise auf einen freundlichen Umgang mit dem Koalitionspartner bedacht, sprach von einer "Provokation". Als einen Tag nach dem Treffen mit Möllemann eine 16-seitige Liste auftauchte, in der die zahlreichen Projekte benannt wurden, die vor allem Frau Höhn aus Sicht der Genossen behindert hat, schien für viele Grüne der Traum einer Neuauflage der Koalition ausgeträumt.

Die Lage entspannte sich ein wenig am Freitag, als Wolfgang Clement seine grüne Umweltministerin zum Gespräch empfing. "Man darf den künftigen Partner nicht demütigen", hatte ihm Detlev Samland, der mächtige SPD-Bezirkschef aus dem Niederrhein zugerufen und dieser Appell war bei Clement angekommen. Der SPD-Regierungchef ist überzeugt davon, dass der Verlust an Wählerstimmen kein Zufall war. "Wir müssen besser werden", hat er intern längst zugegeben. Das betrifft ihn selbst, die SPD, aber besonders die Grünen, weil die öffentlich das Ansehen der Regierung beschädigt haben. Genau das hat er Bärbel Höhn erklärt und auch hinzugefügt, dass viele Störfeuer aus ihrem Ministerium gekommen sind; ein Wechsel im Amt der Regierung also beiden Seiten gut tut. Bärbel Höhn hat zwar geschluckt, ist aber nicht aufgesprungen und gegangen. Vor der Presse ist sie Fragen nach dem Wunschministerium sogar ausgewichen. "Da muß schon eine gute Alternative kommen", hat sie geantwortet und damit durchblicken lassen, dass sie für diesen Neuanfang das Umweltministerium zu verlassen bereit ist. Offiziell wird über die Ministerien erst am Ende der Verhandlungen geredet, aber selbst in den eigenen Reihen kann sich manch einer Bärbel Höhn als Ministerin für Wissenschaft und Forschung vorstellen.

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