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Politik: Comeback in Canberra

Kevin Rudd ist wieder Premier in Australien.

Sydney - Drei Jahre und drei Tage nachdem Kevin Rudd das höchste Regierungsamt in Australien verloren hat, ist er am Donnerstag wieder als Premier eingeschworen worden. Rudd steht nach seinem erfolgreichen „Racheakt“ – er löste seine Vorgängerin Julia Gillard nach einen Abstimmungserfolg innerhalb der Labor Party am Tag zuvor ab – ein harter Kampf bevor. Und zwar gegen den Oppositionsführer Tony Abbott, der es schaffte, so viel Druck auf Labor auszuüben, dass die Regierungspartei in der Hauptstadt Canberra gleich zwei Premierminister in drei Jahren vom Sockel riss. Der Führer der konservativen Liberalen Partei hat vor allem mit seiner Kampagne gegen die von Gillard eingeführte Emissionssteuer punkten können. Labor ließ Gillard wegen verheerender Umfragewerte als Parteichefin fallen, was deren Rücktritt nach sich zog.

Abbott weiß aber auch, dass ihm mit Rudd nun ein härterer Gegner gegenübersteht als dies die erste weibliche Regierungschefin Gillard gewesen war, die trotz – oder vielleicht sogar wegen – ihrer intellektuellen Brillanz mit der Bevölkerung nie richtig warm geworden war. Rudd dagegen hat schon in der Vergangenheit bewiesen, dass er beim Wahlvolk weit beliebter ist als in seiner eigenen Partei. Dort verfügt er über keine Hausmacht und lässt vor allem den Gewerkschafts-Stallgeruch vermissen, der für die meisten Labor-Abgeordneten typisch ist. Rudd kündigte an, dass er das von Gillard angesetzte Datum für die nächsten Wahlen verschieben werde. Geplant war bisher der 14. September. Aus seinem Umfeld verlautete, dass er die Emissionssteuer absenken könnte, um Abbott den Wind aus den Segeln zu nehmen. Außenminister Bob Carr kündigte außerdem an, dass die Regierung unter Rudd einen härteren Kurs gegen Bootsflüchtlinge fahren wird. Auch dies wird von Beobachtern als ein politisches Manöver gesehen, dessen eigentliches Ziel Abbott ist, der großspurig versprochen hatte, die Boote auf hoher See „umzudrehen“.

Rudds wichtigste Aufgabe in den nächsten Tagen wird sein, eine handlungsfähige Regierung zusammenzustellen. Einige amtierende Minister werden unter ihm nicht dienen, weil sie sich bis zuletzt mit allen Kräften seiner Rückkehr widersetzt hatten. Die wichtigste Änderung steht bereits fest, der erst 40-jährige Chris Bowen löst Wayne Swan als Finanzminister ab. Bowen war einer der entschlossensten Unterstützer Rudds gewesen und hatte sich auf die Hinterbank zurückgezogen, nachdem ein erster Versuch, Gillard durch Rudd zu ersetzen, im März gescheitert war. Für wann auch immer Rudd die Wahlen ansetzt, er wird es schwer haben, aus dem Kampf mit dem ebenfalls 55-jährigen Abbott als Sieger hervorzugehen. Alexander Hofmann

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