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Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich dem Lockerungsdruck der Länder beugen.

© Hannibal Hanschke/Reuters/POOL/dpa

Corona-Gipfel von Bund und Ländern: Welche Maßnahmen wo und ab wann gelten

In Ferien fahren, Restaurants besuchen, Freunde treffen: Stück für Stück soll Normalität zurückkehren. Die Bundesländer entscheiden autonom.

Dieser 6. Mai markiert einen Paradigmenwechsel im deutschen Corona-Krisenmanagement. Es begann mit dem ersten Fall beim Autozulieferer Webasto in Bayern und im Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen auf der regionalen Ebene. Wenn man so will, kehrt es nach der Aufhebung des großen, bundesweiten Lockdowns dorthin zurück.

Letztlich ist die Krisenbekämpfung nach dem Infektionsschutzgesetz ohnehin Ländersache. Nachdem seit dem 20. April erste Öffnungsmaßnahmen durchgeführt wurden, sei die Zahl der Neuinfektionen niedrig geblieben. Somit sei, Stand heute, „keine erneut einsetzende Infektionsdynamik erkennbar", heißt es aus der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie muss sich dem Lockerungsdruck beugen, hervorgerufen durch die ökonomischen Verwerfungen. Nun entscheiden die Länder – dennoch gibt es in vielem recht ähnliche Vorgehensweisen.

Ferien

Urlaub ist wieder möglich, zumindest ab Pfingsten. Die Länder sollen selbst entscheiden, wann wieder Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen für private Reisen geöffnet werden. In den meisten Bundesländern sind mehrere Stufen geplant, erst für einheimische Bürger, ab 25. Mai können zum Beispiel wieder alle Bundesbürger nach Mecklenburg-Vorpommern an die Ostsee reisen.

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Dort sollen Hotels zu maximal 60 Prozent belegt werden. Auch in Brandenburg sollen Hotels und Pensionen unter strengen Hygieneauflagen am 25. Mai wieder den Betrieb aufnehmen. In Niedersachsen kommen in einer ersten Stufe zunächst Dauercamper und Ferienhaus- beziehungsweise Ferienwohnungsbesitzer zum Zuge. Gleichzeitig werden auch die Inseln wieder für den Tagestourismus geöffnet. Ab Mitte Mai sollen Ferienhäuser oder Ferienwohnungen wieder angemietet werden können. 

Der Strand von Heringsdorf an der Ostsee. Urlaub ist wieder möglich, zumindest ab Pfingsten. 
Der Strand von Heringsdorf an der Ostsee. Urlaub ist wieder möglich, zumindest ab Pfingsten. 

© imago images/BildFunkMV

Ab 25. Mai dürfen Hotels wieder mit einer 50-prozentigen Auslastung starten. Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat zum Pfingstwochenende ab dem 30.Mai Lockerungen für den Tourismus verkündet. Für die Öffnung von Hotels gelten strenge Auflagen, Wellness-Bereiche und Schwimmbäder bleiben geschlossen.

Essen und Trinken

Nachdem alle Geschäfte wieder öffnen dürfen, gilt dies auch für den besonders kontaktintensiven Bereich der Gastronomie. Die Wirtschaftsminister der Länder haben einem Korridor vom 9. bis 22. Mai für eine bundesweite kontrollierte Öffnung beschlossen, meist mit begrenzten Öffnungszeiten. Mecklenburg-Vorpommern startet ab 9. Mai, Brandenburg ab Mitte Mai.

In Sachsen-Anhalt dürfen dagegen Restaurants erst ab dem 22. Mai öffnen. Dafür gibt es keine stufenweise Öffnung wie in Bayern, wo die Außengastronomie am 18. Mai startet, am 25. Mai dann die Innengastronomie. Auch hier heißt bundesweit die „neue Normalität“: Mindestens 1,5 Meter Abstand, Mund/Nasen-Schutz für das Personal und vielerorts sogenannte Einbahnstraßen mit getrennten Ein- und Ausgängen, sowie in den meisten Bundesländern eine Maximalzahl an Gästen und Tischen. In Mecklenburg-Vorpommern sind zum Beispiel sechs Personen erlaubt, in anderen Ländern fünf. Um Infektionen besser nachverfolgen zu können, müssen Gäste ihre Kontaktdaten hinterlassen, zudem gilt überall eine Reservierungspflicht.

Um der schwer getroffenen Gastronomie zu helfen, müssen Restaurants und Cafés wegen der Coronakrise vorübergehend weniger Steuern zahlen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch in Berlin, dass die Mehrwertsteuer ab 1. Juli auf Speisen (nicht für Getränke) für ein Jahr von 19 auf sieben Prozent reduziert wird.

Treffen von Freunden und Familie

Das war in den Beratungen ein strittiger Punkt. Bund und Länder haben die seit 22.März geltenden Kontaktbeschränkungen für die Bürger im öffentlichen Raum grundsätzlich bis 5. Juni verlängert – und zugleich deutlich gelockert. Bisher waren Begegnungen nur mit einer Person aus einem anderen Haushalt erlaubt. Künftig dürfen sich auch zwei komplette Haushalte treffen, um zum Beispiel zu grillen oder um in den Zoo oder ins Restaurant zu gehen. Die Kanzlerin betont, dies sei immer noch „eine ganz klare Beschränkung der Kontakte“.

Vor dem ersten Anpfiff der Bundesliga muss es in allen 36 Vereinen eine zweiwöchige Quarantänemaßnahme geben.
Vor dem ersten Anpfiff der Bundesliga muss es in allen 36 Vereinen eine zweiwöchige Quarantänemaßnahme geben.

© Roland Weihrauch/dpa

Das ist auch eine Reaktion auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs im Saarland, der die dortige Regelung, die Wohnung ohne triftigen Grund nicht verlassen zu dürfen, kassiert hatte. Daraufhin hatte die dortige Landesregierung von Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) das Verlassen ohne Grund und Zusammenkünfte von zwei Haushalten erlaubt.

Der Verfassungsgerichtshof hatte zudem betont, aus einem Vergleich der Infektions- und Sterberaten in den Bundesländern mit und ohne Ausgangsbeschränkung lasse sich kein Rückschluss auf die Wirksamkeit der wegen der Nähe zu Frankreich erfolgten strengen saarländischen Ausgangsbeschränkung ziehen. Allerdings werden die Lockerungen in Nuancen unterschiedlich gehandhabt. In Sachsen-Anhalt dürfen sich Bürger in Fünfergruppen treffen.

Die zuvor strenge Ausgangsbeschränkung in Bayern ist gefallen – nun heißt es: „Es ist künftig erlaubt, neben einer weiteren Person auch die engere Familie, das heißt neben Ehegatten, Lebenspartnern und Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, auch Verwandte in gerader Linie und Geschwister zu treffen oder zu besuchen." Klar ist: Die gelockerten Kontaktbeschränkungen sind kaum zu kontrollieren. Es gilt der Appell, vorsichtig zu bleiben. Auch dass massiv eingeschränkte Demonstrationsrecht dürfte sich so nicht mehr aufrecht erhalten lassen.

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Kitas und Schulen

In den Schulen und Kitas soll langsam zur Normalität zurückgekehrt werden. Die Kultusministerkonferenz hatte hierzu schon Vorarbeiten geleistet, es gibt also einen Rahmen für die Maßnahmen in den Ländern, die ja schon begonnen haben. Die Unterschiede von Land zu Land werden sich daher überschaubar gestalten. Geplant ist ein „rollierendes System“, es wird keinen Unterricht mit Vollklassen geben, sondern in kleineren Gruppen. Die Distanzregeln müssen eingehalten werden, die Hygienemaßnahmen ohnehin – im Unterricht wie auf dem Pausenhof. Das schrittweise Hochfahren der Beschulung soll bis zu den Sommerferien erfolgen. Dann ist wieder die ganz große Pause angesagt. Ob erst die Grundschulen beginnen oder die Sekundarstufe, ist Ländersache. Im Beschlussentwurf für das Gespräch Merkels mit den Ministerpräsidenten hieß es noch, dass vor allem auf Schüler mit Förderbedarf Rücksicht genommen werden soll. Im endgültigen Papier fehlt der Passus.

Zur Kita-Betreuung gibt es eine gemeinsame Vorlage der Jugendministerkonferenz. Deren Kern ist die flexible und stufenweise Erweiterung der Notbetreuung, die am 11. Mai überall beginnen kann. Darunter fielen bisher vor allem Kinder von Eltern, die in bestimmten Berufen arbeiten. Nun soll auf jeden Fall jedes Kind am Übergang zur Schule bis zum Sommer wieder in der Kita sein.

Sport

Bundesliga vor? Der Schritt war lange umstritten – denn Großveranstaltungen sind bis Ende August weiterhin verboten. Da sich einige Politiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Bundesinnenminister Horst Seehofer besonders dafür einsetzten, darf der Profifußball nun doch wieder starten. Edmund Stoiber, Aufsichtsratsmitglied des FC Bayern, soll dabei eine Rolle gespielt haben. Erste und Zweite Liga dürfen nun in der zweiten Maihälfte wieder starten – ohne Zuschauer in den Stadien allerdings. Natürlich wird live übertragen oder aufgezeichnet.

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Ein Grund: „Begrenzung des ansonsten entstehenden wirtschaftlichen Schadens“, wie es im Beschluss heißt. Die Extrawurst bekommt nur der Fußball. Vor dem ersten Anpfiff muss es in allen 36 Vereinen eine zweiwöchige Quarantänemaßnahme geben, worunter auch ein Trainingslager fällt. Bei Tests auf Infektionen müssen die Profivereine sich hinten anstellen, wenn das Gesundheitswesen dringenderen Bedarf hat. Bei bisherigen Tests waren zehn Spieler oder Betreuer positiv.

Der Breiten- und Freizeitsport in Vereinen wird wieder möglich sein – dazu hat eine Fachministerkonferenz Regeln vereinbart. Nach Sportarten soll nicht unterschieden werden, die Distanzregeln gelten. Der Mindestabstand von 1,5 Metern wird im Bund-Länder-Beschluss hervorgehoben. Weshalb alle Disziplinen sozusagen kontaktfrei bleiben sollten – in einigen Mannschaftssportarten eine Herausforderung.

Der Trainingsbetrieb wird nur in Anlagen unter freiem Himmel möglich sein. Umkleidekabinen bleiben geschlossen. Gleiches soll für die Vereinsgastronomie gelten. Zuschauer sind nicht zugelassen. Für Fitnessstudios können die Länder eigene Regeln erlassen. Vermutlich werden die für den Vereinssport übernommen.

Besuch in Alten- und Pflegeheimen

Die Isolation der rund 800.000 Heimbewohner ist ein ethisch besonders problematischer Punkt – hinter verschlossenen Türen, ohne Besuche drohen viele Menschen seelischen Schaden zu nehmen und zu vereinsamen. Zudem verfügen viele Heime nicht über eine Wlan-Zugang für die Bewohner, damit diese zum Beispiel über Video Kontakt zu ihren Angehörigen halten können.

Jedem Bewohner eines Alten- und Pflegeheims soll die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte Person ermöglicht werden. 
Jedem Bewohner eines Alten- und Pflegeheims soll die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte Person ermöglicht werden. 

© Christoph Schmidt/dpa

Daher gilt als neue Regel, dass bundesweit, jedem Bewohner eines Alten- und Pflegeheims „die Möglichkeit des wiederkehrenden Besuchs durch eine definierte Person ermöglicht wird, sofern es aktuell kein aktives Sars-Cov-2-Infektionsgeschehen in der Einrichtung gibt“. Die Einrichtungen arbeiten überall daran, Besuche unter strengen Hygieneregeln zuzulassen. Das reicht bis zu speziellen Besuchsräumen oder transparenten Schutzwänden. Als Pflicht gilt ein Mund-Nasen- Schutz für Besucher.

In der Regel sollen Besucher mit Besuchsdatum, Besucher- und Bewohnername und Kontaktdaten registriert werden, um eine Nachverfolgung zu gewährleisten. Da in vielen Krankenhäusern der Bedarf an Intensivbetten für Coronapatienten gesunken ist, sollen planbare und verschobene Operationen wieder durchgeführt werden. Aber es gibt Rückfalloptionen, falls es zu einer zweiten Welle an Infektionen kommen sollte.

In Niedersachsen werden 25 Prozent der Beatmungsplätze weiter für Covid-19-Patienten reserviert. Darüber hinaus werden Krankenhausträger verpflichtet, „bei einer Dynamisierung des Infektionsgeschehens binnen 72 Stunden weitere 20 Prozent ihrer Beatmungskapazitäten zur Verfügung zu stellen“.

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