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US-Präsident Donald Trump

© Imago/MediaPunch/Tasos Katopodis

Coronavirus in den USA: Wenn eine Million Infektionsfälle ein Erfolg sind

US-Präsident Donald Trump behauptet, die Coronavirus-Krise im Griff zu haben. Zweifel an der Arbeit seiner Regierung will er nicht hören.

Wenn man etwas nur lange genug behauptet, dann wird es schon so kommen, oder? Angesichts der Hartnäckigkeit, mit der Donald Trump behauptet, die Coronavirus-Krise im Griff zu haben, könnte man auf die Idee bekommen, dass der US-Präsident an diese Taktik selbst glaubt.

Als er am Dienstag einmal mehr erklärte, dass der Höhepunkt überschritten sei, hatte die Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit dem Virus allerdings gerade die symbolträchtige Marke von einer Million übertroffen – damit sind rund ein Drittel der weltweiten Corona-Infektionen in den USA nachgewiesen. Knapp 60.000 Menschen in den Vereinigten Staaten sind an den Folgen bereits gestorben, auch das sind fast ein Viertel aller Corona-Toten.

Wieder kein Corona-Briefing

Den Präsidenten irritiert das offenbar nicht. „Nun, da unsere Experten glauben, dass die schlimmsten Tage der Pandemie hinter uns liegen, freuen sich die Amerikaner auf eine sichere und schnelle Wiedereröffnung des Landes“, sagte er am Dienstagnachmittag (Ortszeit) bei einer Veranstaltung im Weißen Haus, bei der es um staatliche Hilfe für kleine Unternehmen in der Krise ging – das bis zum Wochenende täglich praktizierte Briefing der Corona-Taskforce stand am Mittwoch den fünften Tag in Folge nicht auf der Vorschau des Weißen Hauses.

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Dass seine eigenen Experten deutlich skeptischer sind, verschwieg Trump, der zudem anfügte, das Virus werde vor dem Herbst „verschwinden“. Dabei warnt der Top-Virologe in der Taskforce, Anthony Fauci, immer wieder, die Ansteckungskurve könne sehr schnell wieder in die Höhe schießen, wenn die Lockerungsmaßnahmen zu schnell erfolgten.

Noch immer wird nicht ausreichend getestet

Und Harvard-Wissenschaftler mahnen, in den meisten Bundesstaaten mangele es noch an Test-Kapazitäten, um jetzt schon Ausgangsbeschränkungen in großem Umfang aufzuheben – eine Tatsache, die Trump ebenfalls nicht hören will. Er behauptet, das Testen werde „überhaupt kein Problem“ sein. Schon „sehr bald“ könnten die von Experten vor einer Öffnung als notwendig erachteten fünf Millionen Tests am Tag durchgeführt werden – derzeit sind es gerade einmal rund 200.000.

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Dennoch preschen einzelne Bundesstaaten bereits voran. In Georgia etwa dürfen seit vergangener Woche Friseure, Fitnessstudios und sogar Tattoo-Studios öffnen, seit Montag auch Restaurants. Texas will ab Freitag Geschäfte, Restaurants, Kinos, Einkaufszentren, Museen und Büchereien mit einer Kapazität von zunächst 25 Prozent wieder öffnen. Andere, meist republikanisch regierte Bundesstaaten wollen bald nachziehen.

Katastrophale Wirtschaftsdaten erhöhen den Druck

Der Druck, die Wirtschaft wieder hochzufahren, stieg am Mittwoch weiter. Wie das Handelsministerium mitteilte, ist die US-Wirtschaft zu Jahresbeginn noch stärker eingebrochen als befürchtet. Zwischen Januar und März schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 4,8 Prozent. Experten hatten nur mit einem Minus von 4,0 Prozent gerechnet (nach einem Plus von 2,1 Prozent Ende 2019).

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Dass dies erst der Anfang ist und das zweite Quartal noch viel schlimmer wird, befürchten Experten. Sie warnen, dass den USA der stärkste Wachstumseinbruch seit der Weltwirtschaftskrise vor fast 100 Jahren droht – mit katastrophalen Folgen.

Stand letzte Woche hatten schon mehr als 26 Millionen Menschen in den USA ihren Job verloren. Auch hier gibt es wohl weitere schlechte Nachrichten, wenn an diesem Donnerstag die neuen Arbeitslosenzahlen veröffentlicht werden.

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