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Politik: Crash-Test

Möllemanns Führungs-Kritik verschärft seinen Kollisionskurs zur FDP – Lambsdorff fragt: Ist der noch normal?

Von Jürgen Zurheide, Düsseldorf

Joachim Schulz-Tornau will eine weite Reise antreten. Der liberale Abgeordnete aus Ostwestfalen will seinen Parteivorsitzenden in Berlin davon überzeugen, dass er sich mit Jürgen Möllemann aussöhnen muss. Dieses Ansinnen trägt aus mehreren Gründen komische Züge. Erstens ist Schulz-Tornau dafür bekannt, dass er in Düsseldorf in den Zug nach Bielefeld einsteigt und erst hinter der niederländischen Grenze an den Uniformen der Schaffner bemerkt, dass er im falschen Zug sitzt. Zweitens hat er ein besonderes Verhältnis zu Jürgen W. Möllemann. Als der Hobby-Fallschirmspringer 1994 zum ersten Mal im größten Landesverband abgewählt wurde, folgte ihm Schulz-Tornau nach. Keine zwei Jahre später verlor der Ostwestfale sein Amt als Landesvorsitzender an Möllemann. Gemeinsam zogen die beiden im Jahr 2000 in den Düsseldorfer Landtag ein; auch dort hat Möllemann seinen Widersacher nicht nur freundlich behandelt.

Dennoch will er sich mit einer kleinen Delegation nach Berlin aufmachen, um zu verhindern, was alle in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt sehen. „Da rasen zwei Züge mit hoher Geschwindigkeit aufeinander“, urteilt Joachim Kuhl, der Landesgeschäftsführer, und zieht den Schluss: „Da bleibt von keinem was übrig.“ Weil viele das inzwischen so sehen, haben sich auch die Liberalen im Ruhrgebiet auf eine ähnliche Resolution verständigt. Andreas Reichel, der Bezirksvorsitzende, hat in seinem Vorstand einen einmütigen Beschluss herbeigeführt, der die beiden Kampfhähne auffordert, das Gespräch zu suchen. „Die wollen hier im Ruhrgebiet nicht wieder unter die Wahrnehmungsschwelle rutschen“, begründet er diesen Vorstoß.

Das wird allerdings schwierig. Selbst Hans Dietrich Genscher hat im FDP-Präsidium davon gesprochen, dass die Seele der Partei beschädigt wurde, weil sein Zögling Möllemann zu sehr in trüben Gewässern nach Stimmen gefischt hat. Der andere Ehrenvorsitzende, Otto Graf Lambsdorff, hat sich keinerlei Zurückhaltung mehr auferlegt und offen Möllemanns Ablösung aus allen Ämtern verlangt. „Man fragt sich“, urteilte der Graf hart, „ist der Mann bei all seiner Begabung, ist der normal?“ Wenig später schob er nach, dass er keinerlei Möglichkeit sehe, das gestörte Vertrauensverhältnis zu reparieren: Aufgefallen ist in Düsseldorf allerdings, dass nicht Westerwelle persönlich, sondern Graf Lambsdorff diese klaren Worte gesagt hat. Unsicher ist man, ob der Graf damit den zögernden Westerwelle festlegen wollte, oder ob er damit der Aussage des Vorsitzenden vom Monta mehr Gewicht geben wollte.

Für Möllemann ungünstig wirkt auf jeden Fall die Veröffentlichung eines Gespräches mit dem „Stern“, dem er Anfang September wenig schmeichelhafte Dinge über Westerwelle anvertraut haben soll. Da war die Rede davon, der Vorsitzende sei politisch zu „dünn“. Die Worte wirkten gerade jetzt, wo Möllemann versucht, sich Westerwelle wieder anzunähern, kontraproduktiv. Möllemann bestreitet die Äußerungen, der „Stern“ bleibt bei seiner Darstellung des Gesprächs. Selbst Freunde von Möllemann zweifeln aber, ob er sich wirklich so im Griff hat, wie man das von einem Spitzenpolitiker erwarten kann. Nur Wolfgang Kubicki, Möllemann-Vertrauter und FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, nahm Partei für den Ex-Bundesvize. Und schlug am Mittwoch Westerwelle vor, auch die Führung der Bundestagsfraktion zu übernehmen.

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