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Berlin, Bürgeramt Pankow.

© Kai-Uwe Heinrich

Creative Bureaucracy: Willkommen in der Behörde von morgen!

Wie die Verwaltung von der Kreativbranche lernen könnten: Das „Amt für unlösbare Aufgaben“ greift dem Staat unter die Arme.

Wer kennt sie nicht, die maschinellen Standardantworten auf deutschen Ämtern: „Dafür bin ich nicht zuständig“, „Ich habe die Regeln hier nicht gemacht!“ oder auch: „In diesem Fall sind mir leider die Hände gebunden …“ Damit Besuchern von Behörden dröge Worthülsen in Zukunft erspart bleiben, haben sich eine Theaterregisseurin, eine Musikmanagerin, eine Architektin und ein Stadtentwickler zusammengetan: Leonie Pichler, Julia Wartmann, Lilia Kleemann und Matthias Burgbacher haben das „Amt für unlösbare Aufgaben“ gegründet. Ihre Initiative ist eines von acht Ideenlabs von Phase XI, einem Projekt des Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes, das vom Wirtschaftsministerium finanziert wird.

Entgegen der Annahme ist niemand der vier Mitwirkenden verbeamtet oder hat jahrzehntelange Dienst in Amtsstuben geleistet – und genau das ist ihr Kapital. Durch ihre Erfahrungen in Kultur und Kreativwirtschaft bringen sie ungewöhnliche Denkweisen mit. Immerhin wollen sie die Bürokratie attraktiv machen und Beamte zurück zur Freundlichkeit führen. Oder wie es Leonie Pichler ausdrückt: „Wie bekommen wir Menschlichkeit, eine ansprechende Sprache, Wertschätzung, Design, Humor und Identifikation in die Bürokratie?“

Wie Verwaltungen den richtigen Ton treffen

Im Blick haben sie dabei so unterschiedliche Themenfelder wie Sprache, Digitalisierung und Architektur. Auf ihrer Homepage rufen sie auf, die skurrilsten alltäglichen Geschichten einzureichen, die den Bürokratie-Wahnsinn der deutschen Behörden und Verwaltungen zeigen. Burgbacher sagt, es gehe letztlich darum, wie Verwaltungen den richtigen Ton treffen und selbst Wertschätzung erfahren können. Eine ihrer Ideen ist eine Imagekampagne – auf einem der Plakate dazu steht groß: „Hmm ... Als Nächstes ist der attraktive junge Mann mit den Tattoos an der Reihe.“ Und unten in der Ecke klein: „Das Gegenteil von Bürokratie ist Willkür.“

Eine weitere These ist, dass Behördenräume nicht auf Wertschätzung ausgelegt seien. Und noch mal zum Ton: „Wer eine eine Wohnung bezieht, hat sich innerhalb von zwei Wochen bei der Meldebehörde anzumelden“ – die Rechtsgrundlage ist Paragraf soundso. Warum nicht stattdessen: „Als Stadt müssen wir wissen, wer und wie viele Menschen bei uns leben“, Post müsse zugestellt und verschiedene Behörden informiert sein. „Deshalb ist es sehr wichtig, dass Sie sich spätestens zwei Wochen nachdem sie hergezogen sind, bei uns anmelden.“ Oder mal eine Lange Nacht der Bürokratie veranstalten – für jene, die keinen Urlaubstag opfern wollen oder können, um einen neuen Reisepass zu beantragen?

End- und allgemeingültige Antworten hat „Das Amt“ noch nicht, aber die richtigen Fragen: „Wie ist es möglich, Dinge, die ich, die wir in der Kultur- und Kreativwirtschaft schon lange leben, nämlich Flexibilität, die Bewegung im digitalen Raum, das Denken im Neu-Sein zusammenzubringen mit Werten wie Stabilität, Vertrauen und Bürger*innen-Bewusstsein? Was können wir? Was können andere? Was sehen wir, was auch zu uns passt?“ Am Ende des Prozesses soll eine erlösende Botschaft stehen: „Willkommen in der Behörde von morgen.“

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