zum Hauptinhalt
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vertritt in der Flüchtlingsfrage eine eindeutige Haltung.

© dpa

CSU-Flüchtlingspolitik: Horst Seehofer wehrt sich gegen Kritik der Ordensoberen

Katholische Ordens-Vertreter hatten Horst Seehofers Flüchtlingspolitik in einem Brief scharf kritisiert. Jetzt hat der CSU-Chef geantwortet. Besänftigt sind die Geistlichen aber nicht.

Vor zwei Wochen hatten 45 katholische Ordensoberinnen und -obere einen Offenen Brief an CSU-Chef Horst Seehofer geschrieben. Darin äußerten sie scharfe Kritik an dessen Flüchtlingspolitik und an menschenunwürdigen Zuständen in manchen Aufnahmeeinrichtungen. Insbesondere forderten sie den bayerischen Ministerpräsidenten dazu auf, von einer Rhetorik Abstand zu nehmen, „die Geflüchtete in ein zwielichtiges Licht stellt“.

Jetzt hat Horst Seehofer geantwortet. In einem Schreiben, das dem Tagesspiegel vorliegt, verteidigt er seinen Kurs: Es sei selbstverständlich, Menschen in Not zu helfen. "Es gehört aber auch zum Verständnis von christlicher Ethik, dass Solidarität und Gerechtigkeit zusammenhängen." Um einen "Kollaps der Solidargemeinschaft" zu verhindern, müsse man "der Realität ins Auge blicken". Verantwortung für den sozialen Frieden zu übernehmen, heiße die „gewaltigen Herausforderungen des Flüchtlingszustroms unter Einhaltung von Recht und Ordnung und unter der Wahrung der Aufnahmefähigkeit und Akzeptanz in unserer Gesellschaft zu bewältigen“.

Seehofer weist Kritik an seiner Rhetorik zurück

"Wir müssen Zuwanderung begrenzen, steuern, organisieren und klar zwischen Schutzbedürftigen und Menschen ohne anerkannten Asylgrund unterscheiden." Seehofer verteidigte in seinem Brief die Einstufung der Westbalkanstaaten als sichere Herkunftsstaaten und die von der Koalition beschlossenen "Aufnahme-Einrichtungen" als "unverzichtbaren Schritt für die Begrenzung und Steuerung der Zuwanderung".

Kritik an seiner Rhetorik wies er zurück: "Nicht nachvollziehen kann ich den Vorwurf einer unsachgemäßen Rhetorik im Zusammenhang mit den Geflüchteten", schreibt Seehofer in seinem Brief. Für die Behauptung der Ordens-Vertreter, dass es menschenunwürdigen Zustände in den Flüchtlingslagern gebe, erbat er konkrete Beispiele. Um einen konstruktiven Austausch voranzutreiben lud er die Ordensleute zu einem Gespräch in die Bayerische Staatskanzlei ein, das am 04. Dezember 2015 stattfinden wird.

Schwester Dr. Katharina Ganz, Generaloberin der Franziskanerinnen von Kloster Oberzell, erklärt im Gespräch mit dem Tagesspiegel: "Wir machen uns nicht vor, dass wir Herrn Seehofer grundlegend von seinem Kurs abbringen können, aber wir freuen uns über die Einladung auf ein Gespräch auf Augenhöhe". Die Antwort von Herrn Seehofer sei freundlich und höflich gewesen. Er habe aber deutlich gemacht, dass die Politik nun mal auch andere Aspekte wahrnehmen müsse, als die christliche Perspektive. Dabei habe er besonders den Sicherheitsaspekt in den Vordergrund gestellt.

Auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben die Ordensleute einen Brief geschrieben. Darin loben sie ausdrücklich die Haltung der Kanzlerin in der Flüchtlingspolitik, die oft grundlegend vom bayerischen Kurs abweiche. "Frau Merkel hat einen weiteren Blick als Herr Seehofer", sagt die Ordensschwester, "sie denkt in größeren Zusammenhängen und trifft gesamteuropäische Entscheidungen. Wir können die großen globalen Herausforderungen unserer Zeit nun mal nicht an der bayerischen Grenze lösen".

Außerdem erklärt sie, die Forderung nach einer Obergrenze für die Flüchtlingszahlen würde zutiefst das Prinzip des Humanismus verletzen. "Eigentlich gehörten die Klöster in Bayern immer zu der Stammwählerschaft der CSU, aber über den Empfang Viktor Orbans in Kloster Banz haben wir nur den Kopf geschüttelt. Wir haben uns gefragt: Was will uns die CSU damit sagen?" Da werde eindeutig im rechten Wasser gefischt und das sei mit christlichen Werten nicht vereinbar.

Auf ihren offenen Brief haben die Ordensleute aber nicht nur Reaktionen aus der Politik erhalten. „Ich erlebe in den zahlreichen E-Mails, die uns erreichen, dass die Flüchtlingsfrage in unserer Gesellschaft stark polarisiert“; sagt Schwester Katharina Ganz. Sie habe viel Dank und Anerkennung aus der Mitte der Gesellschaft erhalten. Vor allem der Kritik an der Rhetorik Seehofers stimmten die Verfasser der Nachrichten zu. Leider gäbe es aber auch einen kleinen Prozentsatz von teilweise anonymen Zuschriften, die reine Beleidigungen und Beschimpfungen seien. Die darin zum Ausdruck gebrachte „offenkundige Hartherzigkeit“ sei erschreckend. Um dieser Tendenz entgegenzuwirken, spricht sich Schwester Katharina dafür aus, den christlichen Glauben wieder stärker in das öffentliche Bewusstsein zu tragen. Dieser Aufgabe würde die christliche Union derzeit leider wenig nachkommen. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false