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CSU: Koalitionsvertrag einstimmig gebilligt

Die CSU hat trotz Kritik in Einzelpunkten einstimmig grünes Licht für eine große Koalition in Berlin gegeben.

München - Nach einer fast dreistündigen Diskussion stimmte der Kleine Parteitag in München am Montag der Koalitionsvereinbarung ohne Gegenstimmen und Enthaltungen zu. Zuvor hatte CSU-Chef Edmund Stoiber leidenschaftlich für das Bündnis mit der SPD geworben und sich zugleich für seinen umstrittenen Rückzug aus Berlin entschuldigt.

«Es tut mir leid, dass ich mit meiner Entscheidung unsere Partei und Sie alle hier in eine nicht einfache, in eine schwierige Lage gebracht habe», sagte der bayerische Ministerpräsident vor den rund 200 Delegierten in München. «Ich leide selbst außerordentlich, ich leide wie ein Hund».

Der großen Koalition sagte Stoiber volle Unterstützung zu. «Ich will den Erfolg der großen Koalition mit Angela Merkel an der Spitze», rief er unter großem Beifall. «Wir werden alles dazu tun, dass das eine Erfolgsgeschichte wird.» Trotz der notwendigen Kompromisse sei der Vertrag eine «gute Grundlage für einen Neuanfang in Deutschland».

Nach der massiven Kritik an Stoibers Zickzackkurs zwischen Bayern und Berlin in der Landtags-CSU hielt sich der Unmut auf dem Parteitag in Grenzen. Der bayerische JU-Chef Manfred Weber entschuldigte sich ausdrücklich für angebliche Putsch-Äußerungen. «Ich habe nie zum Putsch aufgerufen.» Gleichwohl verlangte er eine «personelle und inhaltliche Erneuerung der CSU».

Der frühere Landshuter Kreischef Josef Seidl forderte Stoiber auf, künftig nicht nur auf «Staatskanzlisten» zu hören, sondern auch auf Berater, die dem CSU-Motto «Näher am Menschen» entsprächen. Stoiber sicherte zu, künftig stärker den Dialog zu pflegen und den Kontakt zur Basis zu suchen.

Am Koalitionsvertrag monierten die Delegierten vor allem, dass keine betrieblichen Bündnisse für Arbeit vereinbart wurden. Der designierte Wirtschaftsminister Michael Glos sagte: «Ich glaube, dass es ein Vertrag ist, an dem man viele Ecken und Kanten finden kann. Aber wenn man einen Strich drunter macht, dann ist er etwas, was uns nach vorne bringen kann.»

Nach Ansicht des künftigen Agrarministers Horst Seehofer sind die Vereinbarungen «auch unter sozialen Gesichtspunkten eine gute Grundlage». Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann warb dafür, mit einem «mutigen und beherzten Ja» die Chancen des Vertrags zu nutzen. Staatskanzleichef Erwin Huber bezweifelte, ob es mit der FDP eine bessere Vereinbarung gegeben hätte. Landtagspräsident Alois Glück erklärte: «Das Glas ist nicht halbleer. Ich sage, das Glas ist halbvoll.»

Stoiber wies vor allem die Kritik der Konzernchefs von VW, Mercedes und Porsche in ungewöhnlich scharfer Form zurück. «Diese Damen und Herren entlassen Tausende von Arbeitskräften, kippen sie der Politik vor die Tür und kritisieren uns dann noch.» Gleichwohl räumte er ein, dass die Union vor allem im Arbeitsrecht und in der Energiepolitik zentrale Anliegen nicht durchsetzen konnte. «CSU pur gibt es nur in Bayern, dort haben wir die absolute Mehrheit.»

Nach der Ankündigung von Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU), Anfang des kommenden Jahres in den Vorstand der Deutschen Bahn zu wechseln, blühten am Rande des Parteitags die Nachfolge-Spekulationen. Mehrere führende CSU-Politiker forderten eine möglichst rasche Entscheidung Stoibers. «Ich hoffe, dass wir jetzt nicht wieder wochenlang über Personen reden», sagte die stellvertretende CSU-Chefin Barbara Stamm. Stoiber will seine Entscheidung erst Anfang der nächsten Jahres bekannt geben.

Als Favorit für die Wiesheu-Nachfolge gilt Staatskanzleichef Erwin Huber. Einem Bericht der «Bild»-Zeitung (Montag) zufolge sollen zudem die Minister Kurt Faltlhauser (Finanzen), Eberhard Sinner (Europa) und Josef Miller (Agrar) ihre Positionen räumen. Stoiber sagte zu allen Überlegungen: «Das sind wirklich fantastische Spekulationen, die jeglicher Grundlage entbehren.»

Nach Ansicht von Grünen-Bundeschefin Claudia Roth befindet sich die CSU nach dem Rückzug Stoibers aus Berlin im «freien Fall». Es sei fraglich, ob Stoiber der geeignete Mann sei, Bayern als Ministerpräsident zu führen. «Ich glaube, seine Zeit ist abgelaufen.» (tso/dpa)

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