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Freiherr im Hintergrund: CSU-Chef Seehofer (rechts) und Guttenberg Foto: Rehle/rtr

© REUTERS

CSU-Parteitag: Seehofer gegen Guttenberg

Auf dem Münchner CSU-Parteitag findet ein verdeckter Machtkampf Seehofer-Guttenberg statt. Der Sieger steht schon fest.

Von Robert Birnbaum

Über Horst Seehofer schwebt ein Mikrofon. Das wäre weiter nicht bemerkenswert, weil zum Auftakt eines CSU-Parteitags der Parteivorsitzende naturgemäß von den Kameras verfolgt wird auf Schritt und Tritt. Bemerkenswert ist nur, dass in der Münchner Messehalle C1 direkt hinter dem Vorsitzenden acht Mikrofone in der Luft schwanken. Zwischendurch hebt Karl-Theodor zu Guttenberg kurz die Arme hebt und schiebt die Dinger ein bisschen höher schiebt, damit er halbwegs in Ruhe weiter mit einem Delegierten reden kann. Ob er Angst vor Nachfolgediskussionen habe, hat ein Journalist vorhin Seehofer gefragt. „Nein“, hat Seehofer erwidert.

In Wahrheit hat Horst Seehofer ziemlich viel Sorge wegen dieses jungen Mannes, der die vielen Mikrofone wie ein Magnet anzieht. Man kann das allein daran ablesen, dass seine eigenen Truppen vorab versichern, das werde ein sehr guter Parteitag und vor allem werde hinterher alles genau so sein wie vorher. Die Prognose ist nicht allzu gewagt: Neuwahlen zum Parteivorstand stehen erst im nächsten Jahr an. Dass der Verteidigungsminister auf die Idee kommen könnte, seinen aktuellen Messias-Status zu einem Putsch zu nutzen, wäre eine völlig falsche Erwartung. Guttenberg hat dieses Stil- und Machtmittel zwar schon einmal benutzt – als er sich vor Jahren aus heiterem

Himmel um den Bezirksvorsitz in Oberfranken bewarb, mit einer grandiosen Rede den Bezirksparteitag umdrehte und den haushohen Favoriten Hartmut Koschyk beiseite fegte. Aber da kannte ihn noch keiner. Jetzt kennt ihn restlos jeder. Guttenberg muss einfach nur abwarten, bis seine Zeit von selber kommt.Trotzdem findet hier in München ein verdeckter Machtkampf statt. Guttenberg steht als Sieger schon fest. Er wird noch am Freitag den Antrag zur Absetzung der Wehrpflicht begründen, und die Zustimmung des Parteitags steht außer Zweifel. Eigentlich sei das erstaunlich, sinniert ein wichtiger CSU-Politiker, wenn man bedenke, wie noch vor vier Monaten die Meinung der Partei zur Wehrpflicht gewesen sei. „Aber einen Hoffnungsträger beschädigt man nicht.“

Für Seehofer ist die Sache um einiges schwieriger. Der Parteitag muss höhere Mitgliedsbeiträge beschließen, was erstens an sich schon unpopulär ist und zweitens immer wieder schmerzlich daran erinnert, wie sehr die einstige Staatspartei an Mandaten und Mitgliedern eingebüßt hat. Seehofer geht kurz vor der Abstimmung selbst zum Podium – vorgeblich, um den Schatzmeister Thomas Bauer zu loben, tatsächlich um auch dem Letzten im Saal vor Augen zu führen, dass es hier nicht nur ums Geld geht, sondern auch um den Chef.

Das Votum fällt dann deutlich aus. Die Szene ist trotzdem symptomatisch. Seehofer weiß, dass ihn bei diesem Parteitag kein Jubel erwartet. Umfragewerte von 38 Prozent sind kein Grund zu Freude, überdies ist Seehofers Ansehen in der Partei in beispiellosem Maße am Boden – zu wankelmütig, zu selbstherrlich, zu wenig erfolgversprechend der Mann in den Augen selbst einstiger Anhänger. Um so sorgsamer muss er darauf achten, dass die 24 Stunden in München keinen Anlass bieten, seine Zukunft weiter zu verdüstern.

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