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Passau

© dpa

CSU: Seehofer: "Wir werden die Bürger entlasten"

CSU-Chef Seehofer hat eine klaren Wunschkoalitionspartner der Union für die Zeit nach der Bundestagswahl. Im Gespräch wendet er sich gegen Schwarz-Grün. Eine Lockerung des Kündigungsschutzes schließt er aus und sagt, was er von Staatshilfe für Unternehmen hält.

Herr Seehofer nach der Europawahl dachten einige, dass für Schwarz-Gelb die Bundestagswahl schon so gut wie gewonnen sei. Nun hat sich die SPD auf ihrem Parteitag erstaunlich schnell berappelt. Wie zuversichtlich sind Sie, dass es für Union und FDP am 27. September dennoch reicht?

Natürlich hat das Ergebnis der Europawahl uns Mut gemacht. Aber Anlass zu Übermut besteht nicht. Die Bundestagswahl ist eine ganz andere Art der Auseinandersetzung, die jetzt wieder von vorne beginnt. Mit offenem Ausgang.

Nachdem die SPD einen Richtungswahlkampf gegen Schwarz-Gelb angekündigt hat: Wird die Union in ihrem Wahlprogramm nun eine ganz klare Koalitionsaussage für die FDP formulieren?

Ja. Unser Wunschpartner ist die FDP. Wir glauben, dass wir die wirtschaftspolitischen Fragen, auf die es in den nächsten Monaten und Jahren besonders ankommt, mit den Liberalen besser lösen als in der Großen Koalition.

Aber 2002 und 2005 hat es nicht geklappt, vor vier Jahren hat der Reformeifer von Schwarz-Gelb die Wähler abgeschreckt.

Geschichte wiederholt sich bekanntlich nur ganz selten. Das wird auch hier nicht passieren, weil wir sehr genau darauf achten, dass wir neben den notwendigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen auch eine Gesellschaftspolitik mit sozialem Gesicht betreiben.

Das Leipziger Programm ist also zu den Akten gelegt?

Es wird jedenfalls keine Zumutungen für die Bevölkerung geben, wie sie 2005 angedacht waren...

... also zum Beispiel keine Änderung beim Kündigungsschutz...

Ja, weil dies auch gar nicht geboten ist. Wir haben genügend Flexibilität für die Unternehmen, etwa durch befristete Arbeitsverträge und die Leiharbeit. Da müssen wir nicht auch noch den Kündigungsschutz verändern. Insgesamt wird das Wahlprogramm sozial sehr ausgewogen sein.

Das wird die FDP nicht gerne hören, die schon jetzt vor Kraft kaum mehr laufen kann.

Ich habe 16 Jahre mit der FDP in einer Koalition unter Helmut Kohl erlebt, davon neun Jahre als Regierungsmitglied. Wir werden uns da schon vernünftig zusammenraufen, wenn wir wieder zusammen in einer Regierung sitzen. Die CSU wird dafür sorgen, dass es auch dann sozial zugeht.

Manche in der Union liebäugeln auch mit Schwarz-Grün. Wäre das für Sie eine Alternative, wenn die Grünen bei der Bundestagswahl vor der FDP lägen und sonst nur eine Neuauflage der Großen Koalition bliebe?

Ich halte gar nichts davon, jede Woche eine neue Koalitionsvariante zu diskutieren und die Bevölkerung völlig zu verwirren. Wir sollten klar sagen, was unsere Wunschkonstellation ist, und dann hat der Wähler zu entscheiden.

Aber Sie haben schon nach der letzten Bundestagswahl mit den Grünen über eine Jamaika-Koalition gesprochen, auch inhaltlich gibt es einige Berührungspunkte.

Viel wichtiger ist für mich, dass wir als Union unser umweltpolitisches Profil wesentlich deutlicher gestalten, inhaltlich und durch Personen. Da haben wir noch einigen Verbesserungsbedarf.

Sie haben sich mit Angela Merkel auf ein Steuerkonzept verständigt. Werden die Wähler dem Wahlprogramm der Union genau entnehmen können, wann sie in der kommenden Legislaturperiode mit welchen Steuerentlastungen rechnen können?

Dazu wird es eine klare Aussage geben.

Mit einem konkreten Datum?

Warten Sie es ab. Das Konzept ist jetzt im Feinschliff, aber in den Grundsätzen sind wir uns einig.

Geplant sind schrittweise Senkungen sowohl des Eingangs- als auch des Spitzensteuersatzes und weitere Maßnahmen im Umfang von angeblich bis zu 20 Milliarden Euro. Wie wollen Sie alles das angesichts der Rekordverschuldung finanzieren, ohne das Ziel der Haushaltskonsolidierung völlig aus dem Auge zu verlieren?

Man kann beides machen. Wir wollen einen Teil der zusätzlichen Steuereinnahmen, die es wieder geben wird, dafür verwenden, die Neuverschuldung zu senken, den anderen Teil, um die Bürger zu entlasten.

Die Steuersenkung würde dann aber indirekt doch auf Pump finanziert, weil in dem Umfang ja nicht die Schulden reduziert würden.

Nein. Wir sind uns völlig einig, dass man die jetzt aufgenommenen Schulden, die die Wirtschaft in der Krise stimulieren sollen und auch ihre Wirkung entfalten, in wirtschaftlich besseren Zeiten zurückfahren muss. Es kann nicht so sein wie in der Vergangenheit, dass man in schlechten Zeiten Schulden aufnimmt, aber in guten Zeiten sie nicht zurückzahlt. Deshalb ist neben der Steuerentlastung die Schuldensenkung ein wesentliches Ziel.

Und man darf ja auch nicht vergessen, dass unser Steuersystem, wenn die Politik nicht von Zeit zu Zeit die Tarife senkt, durch die Progression automatisch zu Steuererhöhungen führt.

Die Bundesregierung ist beim Hilfsersuchen von Arcandor hart geblieben.

Ich war sehr dafür, dass man das sorgfältigst prüft: Wie viele Arbeitsplätze sind betroffen, wie hoch wären die notwendigen Staatshilfen, gibt es ein zukunftsfähiges unternehmerisches Konzept? Aber am Ende stand auch für mich fest, dass Arcandor ohne ein Insolvenzverfahren nicht gerettet werden kann. Es gab einfach zu viele finanzielle Lücken.

Und wie wollen Sie jetzt Quelle helfen?

Wir werden uns mit aller Kraft bemühen, im Rahmen des Insolvenzverfahrens möglichst viele der Arbeitsplätze dort zu erhalten.

Was kann die Landesregierung dafür konkret tun? Es sind ja auch noch andere Unternehmen in Bayern mit Tausenden von Arbeitsplätzen bedroht wie Schaeffler und Rosenthal.

Im Fall von Arcandor bin ich im direkten Kontakt mit dem Insolvenzverwalter. Wir werden uns gemeinsam mit ihm darum kümmern, dass Quelle die notwendigen Kredite erhält, um das Geschäft fortführen zu können.

Auch mit Hilfe von Landesbürgschaften?

Wir müssen erstmal sehen, ob der Insolvenzverwalter genügend Kredite beschaffen kann, oder ob der Staat mit Bürgschaften oder anderen Mitteln helfen muss. In jedem Fall dürfen keine Steuergelder verbrannt werden, sondern es muss immer darum gehen, Arbeitsplätze dauerhaft zu erhalten. Sonst hätte man beides verloren: die Arbeitsplätze und die Steuergelder. Das kann keiner wollen.

Das Interview führte Ludwig Greven (Zeit online)

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