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CSU: Stoiber im Kreuzfeuer

Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber steht trotz klärender Worte bei der CSU weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Obwohl Stoiber der Fraktion eine bessere Zusammenarbeit anbot, blieben viele Abgeordnete auf Konfrontationskurs.

München - Bei einer ungewöhnlich offenen Aussprache in der CSU- Landtagsfraktion in München äußerten am Mittwoch zahlreiche Abgeordnete ihren Unmut über Stoibers Verzicht auf das Amt des Wirtschaftsministers in Berlin. Als Signal für einen Neuanfang in Bayern wurde nach dpa-Informationen eine Regierungsumbildung gefordert. «Stoiber hat nicht kapiert, dass er sich erstmal entschuldigen muss», sagte ein führendes Fraktionsmitglied der dpa am Rande der bis in den Abend dauernden Sitzung. «Er sieht den Ärger nicht ein, den wir an der Basis haben.»

Unterdessen forderte erstmals ein Landtagsabgeordneter öffentlich Stoibers Rücktritt vom Amt des CSU-Vorsitzenden. Bei der Fülle der Arbeiten in Berlin und München könne man nicht beide Ämter auf eine Person vereinigen, sagte der Eichstätter Abgeordnete Thomas Obermeier dem «Donaukurier» (Donnerstag) in Ingolstadt. In der Fraktion wurde darüber zunächst nicht gesprochen.

Stoiber kündigte in seiner nur mit mäßigem Beifall bedachten Rede ein häufigeres Erscheinen in der Fraktion und eine Tour durch alle CSU-Bezirksverbände an. Zudem sagte er nach Angaben von Teilnehmern zu, die Öffentlichkeitsarbeit mit der Fraktion besser zu verzahnen.

«Das sind einzelne Schritte, aber kein Wandel», sagte ein Abgeordneter. «Ich habe kein Signal gehört», meinte ein anderer. Kritik gab es bei der internen Sitzung erneut an Stoibers Führungsstil und seinem Regierungssprecher Martin Neumeyer. Für besonderen Ärger sorgte die Berufung von Horst Seehofer zum designierten Agrarminister. Es sei unverständlich, warum ein «Quertreiber» auch noch mit einem Ministeramt belohnt werden müsse, hieß es in der Landtagsfraktion.

Zu der Aussprache hatten sich knapp 30 der 124 Abgeordneten gemeldet. Im Anschluss wollten Stoiber und Fraktionschef Joachim Herrmann über die Ergebnisse informieren. Der schwäbische Abgeordnete Max Strehle sagte eigenen Angaben zufolge in der Sitzung, er habe kein Verständnis für den «Schlingerkurs» Stoibers: «Da ist mir die Erklärung bislang nicht ausreichend.» Der Regierungschef habe kein Wort des Bedauerns gefunden.

Zuvor hatte Fraktionschef Joachim Herrmann den Druck auf Stoiber erhöht. Er forderte den CSU-Chef auf, ein «klares Zeichen» zu setzen. «Jetzt ist das Fass zum Überlaufen gebracht worden und daher dieser Unmut», sagte Herrmann dem Bayerischen Rundfunk mit Blick auf die Kritik der CSU-Basis. Herrmann traf sich vor der Fraktionssitzung zu einem internen Gespräch mit Stoiber.

Eine Ablösung der Regierungschefs steht trotz des massiven Unmuts nach Angaben aus führenden CSU-Kreisen nicht zur Diskussion. Gleichwohl würden sich für einen solchen Fall rund 60 Prozent der Bürger Innenminister Günther Beckstein als Nachfolger wünschen. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des «Stern» sprachen sich nur 16 Prozent für Staatskanzleichef Erwin Huber als möglichen Nachfolger aus.

Ungewöhnlich scharfe Kritik an Stoiber kam auch von Ex- Entwicklungsminister Carl-Dieter Spranger. Der frühere CSU- Bundestagsabgeordnete sagte dem Hamburger Magazin «Stern», Stoiber habe sich freiwillig aus Berlin abgemeldet und «damit seine Autorität als CSU-Chef und damit die CSU beschädigt».

Nach einer bereits am Dienstag veröffentlichten Umfrage hat der Ministerpräsident durch seinen Rückzieher massiv an Zustimmung in der Bevölkerung verloren. 77 Prozent sind dagegen, dass er bei der Landtagswahl 2008 erneut als CSU-Spitzenkandidat antritt. (tso/dpa)

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