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Politik: CSU-Tagung: Herausgefordert: Öffentlich bekundet die CSU Respekt vor Angela Merkel - und beharrt intern auf dem eigenen Kanzlerkandidaten

Erwin Teufel hat eine bestechend einfache Lösung. "Alle Spitzenpolitiker" der Union kämen prinzipiell für die Kanzlerkandidatur der CDU/CSU in Frage, sagt der Regierungschef aus Baden-Württenberg - dort wird im März gewählt.

Von Robert Birnbaum

Erwin Teufel hat eine bestechend einfache Lösung. "Alle Spitzenpolitiker" der Union kämen prinzipiell für die Kanzlerkandidatur der CDU/CSU in Frage, sagt der Regierungschef aus Baden-Württenberg - dort wird im März gewählt. Für eine ernsthafte Debatte sei derzeit nicht der richtige Zeitpunkt. Und noch eine Bemerkung wollte Teufel am Montag loswerden. Die Kanzlerkandidatur gegen Gerhard Schröder, das sei ein "Journalistenthema." Teufel weilt als Gast beim bayerischen Nachbarn in Kreuth. Und das Wildbad steht nun einmal für den strapaziösen Dauerspagat zwischen CSU und CDU. Seit 1980, als sich Franz-Josef-Strauß in der Union durchsetzen konnte, hat die CSU keine Chance gehabt, den Anspruch auf die Kanzlerkandidatur umzusetzen.

Und 2002? Stoiber oder Merkel? Die CDU-Vorsitzende wurde beim CSU-Parteitag im November 2000 in München der bajuwarischen Schwesterpartei vorgestellt. Der Beifall war laut, Edmund Stoibers Gestik und Mimik signalisierte Wohlwollen - der Münchener Ministerpräsident schob Angela Merkel geradezu nach vorn. "She is a Lady!", lobte der Bayer. Kurz darauf meinte Stoiber in einem Interview, er wolle nicht Kanzlerkandidat werden. Auf eine Nachfrage hin schloss er definitiv aus, Schröder herauszufordern. "Davon kommt er nicht mehr herunter", hieß es danach mit sorgenvoller Miene in der CSU-Führung.

Merkel könnte erneut antreten

Dennoch folgte das partielle Zurückrudern. Die Bayern sagten, was selbstverständlich ist, aber immer auch als Beharren auf dem eigenen Anspruch gelesen werden soll: Über die Kanzlerkandidatur der Union werde erst im Jahr 2002 entschieden, natürlich habe die CSU ein Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht.

Vor allem Landesgruppen-Chef Glos spürte im - aus Bayern gesehen - fernen Berlin, wie sehr ein vorzeitig aus dem Rennen genommener CSU-Kandidat das Gewicht der Partei innerhalb der Union schwächen würde. So war es denn auch Glos, der das Offenhalten von Optionen jetzt erneuert hat.

Man weiß in der Union: Für Stoiber, Jahrgang 1941, wäre 2002 die letzte Chance. Anders Merkel, Jahrgang 1954. Öffentlich hält sie sich äußerst bedeckt. Die CDU-Chefin könnte eine ehrenvolle Niederlage gegen Schröder wegstecken, wäre also nicht verbrannt, falls es 2002 nicht klappt. Helmut Kohl war schließlich beim ersten Anlauf 1976 auch an Helmut Schmidt gescheitert - und dennoch, 1982, Kanzler geworden.

In der SPD wird gelegentlich gelästert, am Ende werde es bei der Kandidaten-Nominierung der Union darum gehen, wer den undankbaren Job machen muss, nicht, wer ihn machen darf. Denn die Sozialdemokraten genießen den lange entbehrten Luxus, dass ihr Spitzenkandidat völlig unstrittig ist. Die SPD hat, was der Union fehlt: Geschlossenheit um den Spitzenmann. Doch der Kanzler hat in seinem ersten Regierungsjahr gründlich gelernt, dass politische Trends rasch wechseln können.

Schröder zielt in seinen öffentlichen Bemerkungen über die CDU-Chefin, die im Kanzleramt nicht unterschätzt wird, gern auf Merkels größte Schwäche: Man wisse gar nicht, was sie wolle. Weil Schröder derzeit BSE mehr als Merkel und Stoiber zusammen fürchtet, kommt ihm indes nicht ungelegen, dass der bayerische Ministerpräsident bei der BSE-Krise erhebliche Schwierigkeiten hat.

Ob es einen Dritten im Unions-Bund gibt, ist unklar. Bislang kokettiert Friedrich Merz, der Fraktionschef, mit seiner eigenen Mini-Rolle, was die Kanzlerkandidatur angeht. Unions-intern, bei der Basis, ist der Bayer der starke Mann. Im Dezember bevorzugten 46 Prozent ihn, nur 30 Prozent wollten Merkel. Doch die SPD hat vorgemacht, dass es auf den Zugewinn in der Mitte ankommt, nicht auf die Popularität an der Basis.

In Bayern weiß man, dass Edmund Stoiber viel weniger von jenem harten Ideologen hat, als den der Rest der Republik ihn gerne wahrnimmt. Dennoch hätte es der Bayer schwer, einer Konkurrentin die Kanzlerkandidatur abzunehmen, die stets zeitgeisttauglich Selbstironie zeigt. Etwas aus ihrem Typ machen, das kann Merkel.

Vor allem aber: Noch ist niemandem in der Union ein triftiger Grund eingefallen, warum Angela Merkel denn eventuell Edmund Stoiber den Vortritt lassen sollte.

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