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Politik: CSU-Tagung: Nur nicht zu viel Bayern: Wie die Werbeagenturen den bayerischen Ministerpräsidenten den Wählern im Bund anpreisen würden

Axel Wallrabenstein ist schwere Fälle gewöhnt. Er verhinderte im Berliner Wahlkampf 1999, dass bei Eberhard Diepgen (CDU) nach 14 Jahren Regentschaft der Kohl-Effekt eintrat.

Axel Wallrabenstein ist schwere Fälle gewöhnt. Er verhinderte im Berliner Wahlkampf 1999, dass bei Eberhard Diepgen (CDU) nach 14 Jahren Regentschaft der Kohl-Effekt eintrat. Den "blassen Eberhard", dem keiner mehr die rechte Spannkraft zutraute, verwandelte er in den joggenden "Ebi", der für Berlin rennt - mit Erfolg. Doch könnte er auch einen bayerischen Kandidaten norddeutschen Wählern schmackhaftmachen? Anderen Werbern jedenfalls fiel wenig ein zur Frage, wie CSU-Chef Edmund Stoiber als Kanzlerkandidat am besten zu vermarkten sei. Wallrabenstein, Chef der Berliner Dependance der Agentur Publicis, hält den Bayernchef zwar nicht für bundesweit mehrheitsfähig: "Viele Leute trauen dem nicht über den Weg, der ist zu rechts, zu konservativ." Auf das Gedankenspiel lässt er sich aber trotzdem ein: "Stoiber sollte aufzeigen, was Bayern seit dem Krieg geleis-tet hat. Das Land ist vom Armenhaus zum High-Tech-Standort geworden." In einer Kampagne müsse herausgestellt werden, was konservative, aber zugleich innovative Wirtschaftspolitik bewirken könne. Innovation und Tradition also - oder in der griffigen Formel des Werbers: Laptop und Lederhose.

Bayern steht im Ländervergleich sehr gut da. Dem Reiz, das allzu stark herauszukehren, sollte Stoiber allerdings nach Meinung Wallrabensteins nicht nachgeben: "Wenn sich die Bayern als etwas Besseres darstellen, könnten andere Bundesländer beleidigt sein." Statt dessen solle Stoiber lieber eine Vision erzeugen, wie die Erfolge Bayerns auf die Bundesebene transportiert werden könnten.

Auch am Image lasse sich noch arbeiten. Nützliches Potenzial hierfür biete die Familie des Landesvaters. Stoiber sei derzeit in der "Bunten" als Großvater im Kreise seiner Lieben zu besichtigen. Es sei gut, möglichst vielfältig außerhalb des Politik-Teils in den Zeitungen aufzutauchen. Nutzen lasse sich auch die Bodenständigkeit des CSU-Vorsitzenden: "Der denkt bei seinen Entscheidungen tatsächlich auch an die Krankenschwester, die 2500 Mark brutto verdient." Mit dieser Qualität könne sich Stoiber gut vom "Genossen der Bosse", Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), absetzen.

Doch wenn der Bayer wirklich kandidieren wolle, müsse er sich mehr in Berlin zeigen, auch bei gesellschaftlichen Anlässen. Schließlich säßen hier die Meinungsführer.

Mark Ankerstein von BBDO sieht das ähnlich. Stoiber verkörpere für ihn tradierte Werte wie Fleiß, Ehrlichkeit und Moral. "Ich würde ihn als Orientierungspunkt in einer schwer greifbaren Wertegesellschaft positionieren." Auch die Wirtschaftskompetenz und die Erfolge in der Standortpolitik würde Ankerstein herausstellen - und sie, wie Wallrabenstein, auf die Bundesrepublik zu projizieren versuchen.

Stefan Pufe von Melle Pufe, die unter anderem für "Partner für Berlin" werben, findet Politik-Werbung "komplett uninteressant". Nur ungern beantwortet er die Anfrage. Aufträge für Parteienwerbung würde er ohnehin ausnahmslos ablehnen. "In der Werbung sollten Politiker wie Markenartikel betrachtet werden, das heißt als Produkt mit eindeutigem Verkaufsversprechen", sagt er dann doch. "Auf eine Kampagne übertragen hieße das: Authentisch, aufrecht, relevant." Was immer das heißt.

Fatina Keilani

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