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Schwesterparteien mit Kanzlerproblem. Was kann der Nürnberger Markus Söder in München und Berlin zur Lösung beitragen?

© Daniel Karmann / dpa

CSU und Kanzlerfrage: Macht und Verfahren

Markus Söder steckt mit seiner Absage an eine Kanzlerkandidatur in der Klemme. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Robert Birnbaum

Markus Söder hat ja neuerdings den Ruf des großen Klaren aus dem Süden. Passend dazu hat der CSU-Chef sich gerade ordnend in das Verfahrenschaos eingeschaltet, das Annegret Kramp-Karrenbauers Rückzug in der großen Schwesterpartei CDU angerichtet hat.

Wer da wann wo wie zum Kanzlerkandidaten wird – Söder findet es im „FAZ“-Gespräch ganz einfach: Erst strategische Fragen klären, dann sucht die CDU den neuen Parteivorsitzenden, und dann, gemeinsam mit der CSU, den Kanzlerkandidaten. Klingt einfach. Ist es aber nicht.
Struktur- und Verfahrensfragen sind bekanntlich Machtfragen. Das gilt auch umgekehrt: Verfahrensfragen können Machtfragen entscheiden. Die Junge Union führte das vor, als sie der angezählten Parteichefin mit einem Mitgliedervotum den Weg zur Kanzlerkandidatur verlegen wollte. Der CDU-Parteitag erkannte es und lehnte ab.

Der Parteitag in München auch. Die CSU als die kleinere Schwester legt schließlich Wert auf Gleichberechtigung bei der Auswahl des gemeinsamen Kanzlers in spe. Unter geordneten Umständen wäre das auch kein Problem.

Unter den obwaltenden ist es eins – nicht das wichtigste, aber nicht irrelevant. Denn wenn Söder seine Absage an eine Kanzlerkandidatur ernst meint, dann schrumpft sein Mitspracherecht auf ein Nicken.

AKK in hoffnungsloser Position

Warum? Nun: Kramp-Karrenbauer ist gescheitert, weil sie als Parteichefin neben der Kanzlerin in hoffnungsloser Position saß. Hoffnungslos war die Position, weil ihre internen Gegner ihr vom ersten Tag an den Anspruch auf die Kanzlerkandidatur bestritten. Kramp-Karrenbauer zieht den logischen Schluss: Der nächste CDU-Chef darf nicht wieder einer auf Bewährung, er muss zugleich oder sogar zuerst Kanzlerkandidat sein. Das bürdet Mister X immer noch eine große Last auf, wenn regulär erst 2021 gewählt wird.

Aber nur als unumstrittener Hoffnungsträger hat er überhaupt eine Chance, die Zeit durchzustehen. Angela Merkel wird sich übrigens selbst fragen müssen, ob sie ihm die Durststrecke zumutet. Ein Rücktritt aus parteitaktischen Motiven wäre zwar ebenfalls fragwürdig.

Doch es gibt für Merkel wie für die CDU jetzt keine Win-Win-Situation mehr. Dafür haben zu viele zu viel falsch gemacht.

Ohne Abstriche am Ideal kommen sie nicht aus dem Schlamassel.
Das gilt – mitgefangen, mitgehangen in der Unionsfamilie – auch für die CSU. Söder kann von München aus ganz vorsichtig Ratschläge geben. Doch der nächste CDU-Chef kann keiner von Gnaden der CSU werden, auch nicht indirekt.

Der Münchner Anspruch auf Mitsprache in der K-Frage wird damit zur reinen Formsache. Nur in einem Fall eben nicht: Wenn Söder seine eigene Absage später doch noch einmal überdenken will.

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