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Friedrich

© dpa

CSU: Verzagtheit im Wildbad

Bei ihrer Landesgruppentagung kämpft die CSU gegen die Krisenstimmung in den eigenen Reihen an.

Von Robert Birnbaum

Mit den CSU-Vorsitzenden ist es im Wildbad Kreuth so, dass sie eigentlich jedes Mal zu spät kommen, und umso später, je mächtiger und wichtiger sie gerade sind. Der Landesgruppenvorsitzende muss dann immer draußen vor dem alten Kurhaus warten, im Schnee und im Anzug, und frieren zur höheren Ehre des Herrn in München. Hans-Peter Friedrich muss aber nicht warten. Horst Seehofer kommt sogar früher. Womit also auch symbolisch klargestellt wäre, wie die Verhältnisse in Bayern sind: Für die CSU ist Bescheidenheit das Gebot der Stunde.

Seehofer hat diesen Ton am Mittwoch schon in den Morgensendungen angestimmt. Von der Kreuther Klausur der CSU-Landesgruppe im Bundestag müsse ein „Signal des Anpackens, der Zuversicht und des Mutes“ ausgehen, hat er gesagt – was für CSU-Verhältnisse geradezu verzagt zu nennen ist. In der internen Ansprache an die CSU-Abgeordneten setzt Seehofer die Ermutigungsversuche fort: dass Bayern immer noch ein Staat mit anerkannter Spitzenstellung sei, dass die Stimmenverluste bei Wahlen keinem „Bedeutungsverlust“ entsprächen. Es muss weit gekommen sein mit einer ehemaligen Staatspartei, wenn ihr Chef derlei Ansprache nötig hat.

Tatsächlich geht es der CSU übel wie lange nicht. Die Affäre um die Landesbank und ihre Pleitegeschäfte mit der Bank Hypo Alpe Adria geht an die Substanz der Partei, die sich immer ökonomisches Genie zugute hielt. Die Affäre ist bei der Tagung der Landesgruppe eigentlich kein Thema. Aber sie folgt Seehofer ins Tegernseer Tal.

Und der Ministerpräsident gibt Auskunft, nein, es werde keine personellen Konsequenzen geben, „das können Sie vergessen“, jetzt nicht und nächste Woche auch nicht. Zwei, drei Mal in seinem kurzen Auftritt vor dem Kurhaus kommt Seehofer selbst auf diese nächste Woche zu sprechen. Da treffen sich am gleichen Ort die Abgeordneten der Landtagsfraktion. Dort wird es um die Landesbank gehen. Und vielleicht auch um Umfragen. Es soll gerüchteweise eine Umfrage geben, die die CSU unter 40 Prozent sieht.

Die Landesgruppe treibt das alles genauso um, auch wenn Friedrich tapfer versichert: „Die CSU ist nicht in einer Krise – das Gegenteil ist der Fall.“ Aber allein die Tatsache spricht Bände, dass sich die Christsozialen diesmal als Objekt von Angriffen die FDP ausgesucht haben und nicht wie üblich die große Schwester CDU. Steuersenkungen „um jeden Preis“ seien nicht vereinbart, merkt Friedrich an. Seehofer, der einstige Vorkämpfer einer raschen Steuerreform, beschwört jetzt „Maß und Mitte“ sowie ökonomische Realitäten. Solides Haushalten, qualitatives Wachstum, das sollten die Markenzeichen werden für ein „Jahrzehnt der Erneuerung in Deutschland“.

Darin steckt eine Replik auf die „geistig-politische Wende“, die FDP-Chef Guido Westerwelle zeitgleich in Stuttgart ausruft. „Westerwelle wird der Erste sein, der die Fahne einrollen muss“, sagt Seehofer in der Sitzung über die Steuerforderungen der Liberalen. Hinter der Dekade der Erneuerung steckt aber vor allem der Versuch, eine defensive Botschaft offensiv zu verkaufen. Erneuerung, fügt der CSU-Chef nämlich an, müsse auch in Bayern sein. Es ist eben weit gekommen mit der Ex-Staatspartei.

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