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CSU vor Klausurtagung: So san mir

Vor ihrer Klausurtagung in Kreuth hat die CSU mehr Aufmerksamkeit denn je. Wo steht die Partei heute?

Es gehört zum alten Brauchtum der CSU: Alljährlich treffen sich Anfang des Jahres in den meist schneebedeckten Bergen im oberbayerischen Wildbad Kreuth zuerst die Bundes- und danach die Landtagsfraktion. Besinnung wünscht man sich bei diesem Ritual, es gibt Strategiedebatten, manchmal politische Impulse. Gelegentlich wird auch ein Parteichef und bayerischer Landesvater abgeschossen, wenn es unter den Christsozialen zu heftig brodelt. Wie Edmund Stoiber im Jahr 2007. Letzteres ist nicht zu erwarten für die am morgigen Dienstag beginnende Klausurtagung. Horst Seehofer sitzt als Parteichef und mit absoluter Mehrheit gewählter Ministerpräsident fest im Sattel.

Ein wesentliches Ergebnis des Kreuther Treffens wird die Bestärkung der aktuellen Forderung sein, dass es in der EU keine „Armutszuwanderung“ in die deutschen Sozialsysteme geben darf. „Wer betrügt, der fliegt.“ Mit diesem zugespitzten Satz, der in einem Entwurf für Kreuth steht, hat die Partei die Debatte über die seit Jahresbeginn auch für Bulgaren und Rumänen geltende Arbeitnehmerfreizügigkeit entfacht – und sich viel Kritik eingehandelt.

Bundespolitisch erweist sich die Partei unter der Regie von Seehofer damit keine drei Wochen nach der Ministervereidigung erneut als Krawallmacher. Im Kern stützt sie sich auf den Koalitionsvertrag, nur wird dieser einseitig und massiv für populistische und zumindest latent ausländerfeindliche Töne ausgeschlachtet. Die Partei folgt damit ihrem Maut-Spektakel – und das hat ihr in Bayern immerhin zur absoluten Mehrheit verholfen.

Solche Aktionen sind für die CSU notwendig, das ist ganz die Linie des ins Bundeskabinett aufgestiegenen ehemaligen CSU-Generalsekretärs Alexander Dobrindt. Der plakative Satz zielt auf zwei Wahlen, die die Partei in diesem Jahr bewältigen muss: Die Kommunalwahlen Mitte März im Freistaat und die Europawahl Ende Mai. In den Städten und Gemeinden haben die Christsozialen traditionell eine große Konkurrenz durch die Freien Wähler (FW) des Hubert Aiwanger. Und dessen Gruppierung wirbt auf Landes- und Bundesebene mit dem Nein zum Euro-Rettungsfonds. Bei der Europawahl wiederum geht es der CSU vor allem darum, der Anti-Euro-Partei AfD so wenig Stimmen wie möglich zu überlassen.

Der Betrugs-Slogan wird aber nicht von der ganzen Partei geschlossen getragen. Öffentlich hat ihn der Integrationsbeauftragte der Landesregierung, Martin Neumeyer, kritisiert. Das Thema sei „eine Gespensterdebatte ohne Zahlen“, sagte er, und die Parole sei „nicht hilfreich“. Neumeyer, der übrigens fließend Türkisch spricht, verlangt stattdessen eine „differenzierte Diskussion“.

Wie die CSU im Bund da steht

Real hat die CSU im Bund und im Bündnis mit CDU und SPD weniger Macht als zuvor in der schwarz-gelben Regierung. Drei Ministerien konnte sie in Berlin halten, dennoch wurde sie gerupft. Einzig das Verkehrsressort für Dobrindt gilt als Schlüssel-Ministerium, hinzu kamen als Brosamen die Landwirtschaft für den entmachteten Innenminister Hans-Peter Friedrich und die Entwicklungshilfe für Gerd Müller. Seehofer, der in den letzten Monaten in Berlin Politik betrieben hat, weiß das. Die größte Aufgabe hängt nun an Dobrindt: Er muss die Pkw-Maut für Ausländer umsetzen – ein undankbarer Job. Der geschasste Vorgänger Peter Ramsauer hatte ihm nur eine „überschlägige Schätzung“ der Zusatzeinnahmen in Höhe von 800 Millionen Euro hinterlassen. Zwar sind es Nischen-Themen, an denen die CSU arbeitet, doch sie sorgen für Schlagzeilen.

In Bayern wiederum herrscht nach der Wahl vom 15. September 2013 nahezu politischer Stillstand. Die Landesminister, die auch Konkurrenten für die Seehofer-Nachfolge in nicht allzu ferner Zeit sind, scheinen sich in Sacharbeit zu stürzen. Bei der nächsten Wahl 2018 will Seehofer nicht mehr antreten, und er will die Nachfolge aus eigener Kraft regeln.

Der Kandidat Markus Söder, Finanzminister und immer wieder gern auch ein Haudrauf, verkündet landauf landab die Fortschritte in der Digitalisierung Bayerns. Dass es in den vor allem ländlichen Teilen des Freistaats weiterhin keine schnellen Internet-Verbindungen gibt, erweist sich als großes Minus auch für die Wirtschaftsentwicklung.

Die aus Berlin nach München zurückgekehrte Ilse Aigner wiederum muss sich an der Energiewende abarbeiten, bei der kaum etwas vorankommt. Planer von neuen Windanlagen drohen mit Klagen gegen fehlende Genehmigungen, manche Orte wiederum stemmen sich gegen künftige Windräder. Dass sie gern noch immer am großen Rad mitdrehen möchte, bewies sie mit ihrem Vorschlag, über neue Schulden einen Fonds für die Energiewende zu finanzieren, der die Verbraucher von Kosten entlasten soll. Sie hat mit dem Wechsel an die Isar einen schlechten Tausch gemacht. Von der Kronprinzessin wurde sie zu einer Anwärterin unter mehreren. Die Nachfolge-Aspiranten müssen sich gerade mit viel Schwarzbrot begnügen.

Am Wochenende hatte Seehofer die Debatte über die Nachfolge weiter angeheizt. Dem „Münchner Merkur“ sagte er, dass derjenige mit den größten Erfolgschancen und der höchsten Beliebtheit CSU-Kandidat oder -Kandidatin für die Wahl 2018 werden sollte. Ließe sich das nicht klar ermitteln, so erwägt er eine parteiinterne Mitgliederbefragung. Neben Söder und Aigner nannte er drei weitere Politiker, denen er die Sache offenbar zutraut: seinen Berliner Statthalter Alexander Dobrindt, den er immer wieder über den grünen Klee lobt, sowie auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und seine neue Staatskanzleichefin Christine Haderthauer. Das Rennen ist eröffnet.

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