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CSU-Vorsitz: Keine Einigung mit Seehofer

In der CSU wächst die Angst vor einem wochenlangen Tauziehen um den Parteivorsitz. Landwirtschaftsminister Seehofer denkt offenbar nicht daran, seine Kandidatur zurückzuziehen - und Umfragen geben ihm Recht.

München/Berlin - Auch nach einem Krisengespräch von Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber mit Bundesagrarminister Horst Seehofer dauert in der CSU der Machtkampf um das Erbe des scheidenden Parteichefs an. Stoiber rechnet offensichtlich nicht mit einer raschen Einigung. Ein Einvernehmen der Kontrahenten sei möglicherweise erst bei der Sitzung des Parteivorstandes in drei Wochen zu erzielen, sagte Stoiber nach einem Treffen mit Seehofer in München.

CSU-Vize Seehofer bleibt damit bei seiner unmittelbar nach der Rücktrittsankündigung Stoibers geäußerten Absicht, beim Parteitag im Herbst notfalls auch in einer Kampfkandidatur gegen Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber anzutreten. Seehofer warf Huber und dem designierten Ministerpräsidenten Günther Beckstein unfaire Methoden vor.

Stoiber will "Problem" in den nächsten Wochen lösen

Eine Einigung der Kandidaten Seehofer und Huber sei nicht vor dem nächsten Wochenende zu erwarten, "spätestens aber zur nächsten Sitzung des CSU-Vorstandes", sagte Stoiber. Das Gremium trifft sich nach seiner Sitzung an diesem Montag erst wieder in drei Wochen. Für eine Einigung bedürfe es allerdings "des Entgegenkommens aller Beteiligten", sagte Stoiber. Der CSU-Chef hofft, dass "aus dem Gegeneinander der Kandidaten ein Miteinander" wird. "Wir müssen versuchen, die CSU aus dem schwierigen Fahrwasser herauszuholen". Er hoffe, dass das Problem "in zwei, allerspätestens drei Wochen gelöst" sein werde, sagte Stoiber. Seehofer äußerte sich nicht.

Bayerns Innenminister Beckstein übte erstmals Kritik an Stoiber: Der Regierungschef sei auch an eigenen Fehlern gescheitert, sagte der bisher zu Stoiber stets loyale Beckstein. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos ließ im Deutschlandfunk Zweifel erkennen, dass Stoiber tatsächlich wie angekündigt noch bis zum Herbst in seinen Ämtern bleibt. Mehrere CSU-Spitzenleute, darunter Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann, forderten Seehofer zum Einlenken auf. Mit seinem Verzicht auf das Partei-Spitzenamt würde der Minister den Weg frei machen für das von vielen in der Partei favorisierte Tandem Beckstein/Huber.

"Kein guter Stil"

Seehofer beharrte auf seinem Anspruch auf den CSU-Vorsitz. Dem Magazin "Der Spiegel" sagte er, es sei schon "ein eigenartiger Vorgang, wenn Günther Beckstein mich dazu drängt, meine Kandidatur aufzugeben, ohne dass er zuvor mit mir gesprochen hat". Dies sei "kein guter Stil". Solche Personalentscheidungen könne man nicht im Hinterzimmer auskungeln.

Bayerns Wirtschaftsminister Huber bot unmittelbar nach dem Treffen Stoibers mit Seehofer seinem Kontrahenten Gespräche an. "Ich bin dazu jederzeit bereit", sagte Huber in "Berlin direkt" im ZDF. "Ich biete an: Partnerschaft und Zusammenarbeit. Es geht nicht um irgendeine Ausgrenzung." Zuvor hatte er Seehofers Beschuldigungen zurückgewiesen. "Im jetzigen Stadium sehe ich überhaupt keinen Anlass für einen solchen Vorwurf", sagte er der Zeitung "Die Welt". Der "Passauer Neuen Presse" sagte er: "Niemand soll übergangen werden, weder Horst Seehofer noch die Basis." Der Parteivize sei rechtzeitig informiert worden.

Beckstein: Stoiber favorisiert Tandem mit Huber

Beckstein betonte in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, die Initiative für das geplante Tandem mit Huber sei von Stoiber ausgegangen. Huber und Beckstein hatten am Mittwoch in Kreuth eine Verständigung über die Personalfragen nach der Ära Stoiber erzielt. Zum drohenden Machtkampf um die Parteispitze sagte Beckstein in den "Nürnberger Nachrichten": "Wenn wir jetzt weiter über Monate hinweg diskutieren und die beiden Kandidaten jede Woche in mehreren Interviews an die Öffentlichkeit gehen, wäre das überaus gefährlich."

Nach Ansicht Becksteins ist Stoiber "Opfer einer Entwicklung geworden, die durch den einen oder anderen Fehler von ihm befördert worden ist". Er sagte der "Welt am Sonntag", mehrere Entscheidungen Stoibers seien "von erheblichen Teilen der Bevölkerung, aber auch der CSU-Mitglieder als falsch und unverständlich empfunden worden". So nannte es Beckstein gravierend, dass Stoiber nach der Bundestagswahl 2005 nicht wie geplant als Minister nach Berlin ging. Beckstein räumte ein, er signalisiere keinen Generationenwechsel in der CSU und nannte sich selbst einen Übergangsministerpräsidenten.

Huber sichert Beckstein Loyalität zu

Huber bot Seehofer laut "Welt" an, ihn zum Ersten Stellvertreter des Vorsitzenden aufzuwerten. Er selbst würde als CSU-Chef vorerst nicht ins Bundeskabinett wechseln. Das bundespolitische Gewicht der CSU hänge "sehr stark von den Erfolgen in Bayern ab. Wir brauchen deshalb ein gutes Ergebnis bei der Kommunalwahl im März 2008 und eine klare absolute Mehrheit bei der Landtagswahl im Herbst 2008", sagte er der "Bild am Sonntag". Im "Münchner Merkur" sicherte Huber Beckstein bedingungslose Loyalität zu. Auch wenn er nicht Parteichef werden sollte, werde er Beckstein das Amt des Ministerpräsidenten nicht streitig machen, sagte Huber.

Im Machtkampf um den CSU-Vorsitz liegt Seehofer laut einer Blitzumfrage in der bayerischen Bevölkerung vor Huber. Nach einer infratest dimap-Umfrage vom Samstag und Sonntag würden 39 Prozent der Bayern für Seehofer und 23 Prozent für Huber als CSU-Chef stimmen, hieß es am Sonntagabend im «ARD»-Bericht aus Berlin». Unter den CSU- Anhängern favorisieren sogar 41 Prozent Seehofer und 30 Prozent Huber. (tso/dpa)

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