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Politik: „Da gibt es nichts zu beschönigen“

Was bedeutet der Erfolg der rechtsextremen Parteien für die politische Kultur? Ich nehme das mit Bestürzung wahr.

Was bedeutet der Erfolg der rechtsextremen Parteien für die politische Kultur?

Ich nehme das mit Bestürzung wahr. Da die rechtsextremistischen Parteien vor allem bei den jungen Wählern stark ankommen, stellt sich die beunruhigende Frage, ob da ein rechtsextremistischer parteipolitischer Nachwuchs heranwächst.

Wie gehen Sie damit um, dass die NPD in Sachsen fast so viele Stimmen wie die SPD erhielt?

Das ist ein niederschmetterndes Ergebnis. Da gibt es nichts zu beschönigen. Wer eine rechtsextreme Partei wählt, ist einerseits selbst dafür verantwortlich. Aber wir haben uns andererseits zu fragen: Was leisten die Schulen an Demokratieerziehung? Was passiert mit der Jugendarbeit? Wer an Jugendarbeit spart, muss auch solche katastrophalen Folgen bei den Jungwählern mitverantworten.

Haben die großen Volksparteien den jüngeren Wählern keine befriedigenden Angebote mehr zu machen?

Es gibt eine Ungeduld, der allenfalls Wunder abhelfen könnten. Für Parteien ist das sehr schwierig. Wir sind immer auf die Vermittlung durch die Medien angewiesen. Deshalb muss auch die Frage erlaubt sein, ob nicht ein gewisser hämischer Umgang mit demokratischen Politikern ein bisschen zu diesem Klima beigetragen hat, das zur Verachtung demokratischer Politik führt.

Aber man kann den jungen Menschen doch zutrauen, dass sie sich ihre eigene Meinung über Politik bilden.

Das setzt ja immer voraus, dass Politik die Wunder erzeugen könnte, die manche erwarten. Dass die Umwandlung einer Planwirtschaft in eine soziale Marktwirtschaft ein ziemlich mühseliger Prozess ist, lehrt der Blick in alle Länder Osteuropas. Die Probleme und die Schwierigkeiten ihrer Lösung sind viel größer als angenommen. Deshalb wird die Ungeduld immer wieder neu produziert. In Ostdeutschland muss unter viel schwierigeren Bedingungen Ja zur Demokratie gesagt werden, als es im Westdeutschland der 50er Jahre der Fall war.

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kam über das Neue Forum zur SPD. Ihr gehört der einstige Kulturwissenschaftler seit 1990 an. Er ist einer ihrer stellvertretenden Vorsitzenden.

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