zum Hauptinhalt

Politik: Da läuft etwas schief

Dass der Föderalismus reformiert werden muss, sagen alle – doch Bund und Länder wollen vor allem mehr Macht

Für Bundestagspräsident Wolfgang Thierse ist sie eine „Herkulesaufgabe“, die Reform des deutschen Föderalismus. Der sei in eine „bedrohliche Schieflage“ geraten. Die Kommission, die das richten soll, hat der Bundestag am Donnerstag beschlossen, der Bundesrat folgt an diesem Freitag. In einem Punkt herrscht Einigkeit durch alle Parteien: Die Verflechtung zwischen Bund und Ländern muss verringert werden, in die Politik muss wieder mehr Transparenz einziehen. Und beide Kammern haben auch schon festgelegt, wer jeweils ihr Herkules sein soll: SPD-Fraktionschef Franz Müntefering für den Bundestag und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) für den Bundesrat sollen die Kommission leiten. Damit aber enden die Einigkeiten. Und Müntefering wie Stoiber stehen für sehr gegensätzliche Vorstellungen, was Föderalismus heißt. Der eine will den Zentralstaat stärken, der andere die Länder. „Die Interessenlage ist vielfältig, die Verhandlungen werden schwierig“, sagt der Stuttgarter Bundesratsminister Rudolf Köberle (CDU) voraus.

Rot-Grün im Bund, frustriert durch die Unionsmehrheit im Bundesrat, will vor allem die Zahl der zustimmungspflichtigen Gesetze in der Länderkammer verringern. Der Bundesrat sei ein „permanentes Veto-Organ“, der Vermittlungsausschuss ein „Ersatz-Parlament“, zürnt Müntefering. Die Länder, die schon im April in seltener Einigkeit einen Reformwunschzettel vereinbarten, haben nichts dagegen, Mitspracherechte im Bundesrat abzugeben. Doch wollen sie im Gegenzug wieder deutlich mehr selber entscheiden. Der Bund müsste dafür Kompetenzen abgeben. Die Zentrale ist skeptisch: Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagt, es dürfe nicht darum gehen, nur die Länder zu stärken. Auch der Bund wolle mehr Kompetenzen. Zudem müsse der Föderalismus europatauglicher werden. „Wir zahlen immer wieder in Brüssel Strafen, weil Länder EU-Recht nicht schnell umsetzen“, so die Ministerin. Ihre Prognose für die Verhandlungen: „Es wird für die Länder nicht einfach.“

Am 7. November soll die Arbeit der Kommission beginnen. Je 16 stimmberechtigte Mitglieder von Bundestag und Bundesrat hat sie, dazu kommen Vertreter von Regierung, Landtagen und Kommunen. Bis Ende 2004 will die Kommission zu Ergebnissen kommen. Mit nur einer Sitzung im Monat werde man da wohl nicht auskommen, meint Köberle.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false